Samstag, 23. Juni 2007

Zu Fuß zum Rhein-Weser-Turm - mit dem Besenwagen zurück (Hollenmarsch Mai 2006)

Ich hab's versucht. Es hätte klappen können... Durch meine selbstverordnete zweiwöchige Walking-Pause bin ich ohne nennenswerte Beschwerden zum Hollenmarsch angetreten. Das Einzige, was mich stark beeinträchtigte, war der ständig zurückkehrende Gedanke an diese 1 0 1 KILOMETER .

Freitag nachmittag gegen 16 Uhr trudelte das Heer der Wahnsinnigen in Bödefeld ein. Viele kannte Martin schon aus dem letzten Jahr, viele hatte er durch seine Berichte im Internet angelockt und dann war da noch eine große Gruppe Belgier, die regelmäßig alle paar Wochen ähnlich lange Strecken wandern. Besonders faszinierend an den Belgiern waren die amüsanten T-Shirt-Aufdrucke wie "200 km in 2 dagen" oder "XXL - 100 km - Just for fun". Nach einer ausführlichen Einweisung erfolgte um 18 Uhr der Start.


Bereits nach 500 Metern hatten wir uns dann zum ersten Mal verlaufen, da wir der Beschilderung für die Kurzstrecken gefolgt waren. Kein Problem - der Irrtum klärte sich schnell auf und so ging es dann auf die richtige Strecke. Zunächst war eine 13-Kilometer-Schleife um Bödefeld herum zu laufen, da die Pendelstrecke zum Rhein-Weser-Turm und zurück nur 88 Kilometer lang gewesen wäre. Es ging gemäßigt berauf und bergab und so schlugen Peter, Martin und ich doch ein recht zügiges Tempo an. Kurz bevor wir Bödefeld wieder erreichten, machte mich Martin darauf aufmerksam, daß jetzt das Teilstück komme, das im letzten Jahr bei Regen besonders lustig gewesen sei - und da sah ich es auch schon: ein stark abschüssiger unendlich schmaler Trampelpfad bestehend aus Gras und Schlaglöchern eingefaßt in links und rechts jeweils einen Stacheldrahtzaun. Während Peter und Martin als Hollenmarsch-Profis kaum ihre Geschwindigkeit reduzierten, balancierte ich fast wie auf dem Schwebebalken; links oder rechts festhalten war ja nicht...
Nach 13 Kilometern passierten wir unter dem tosenden Applaus der 5 Zuschauer am Wegesrand erneut Bödefeld und konnten einen vorerst letzten sehnsüchtigen Blick auf unsere Autos werfen. Zwischenzeitlich hatte sich der Himmel mehr und mehr zugezogen und es regnete für einige Minuten. Als ich mich nach langem Hin- und Herüberlegen entschlossen hatte, meine Regenjacke aus dem Rucksack zu nehmen und anzuziehen, verzogen sich die Wolken und es blieb trocken. Bei Kilometer 19 an der "Nassen Wiese" gab es dann die erste Versorgungsstation.

In einem großen Zelt wurden Wasser, Apfelschorle, Cola und Malzbier ausgeschenkt. Dazu gab es bei Bedarf Schmalz- oder Käsebrote. So gestärkt konnten wir uns frohen Mutes auf den Weg zum höchsten Punkt und steilsten Anstieg der Strecke (Kahler Asten) machen. Unter dem Skilift mußten wir zwei kurze knackige Abhänge hoch und schon hatten wir's hinter uns. Versorgungsstation 2 bei Kilometer 29 war noch ein Stückchen nobler. In einer Holzhütte konnte man sich setzen und erste Blessuren (wie z.B. eine kleine Blase zwischen meinen Zehen) versorgen und sogar neben den og. Speisen noch eine warme Brühe zu sich nehmen.



Da es hier so gemütlich und draußen schon dunkel war, ließen wir uns dieses Mal ein bißchen mehr Zeit. Wahrscheinlich ist die Pause für mich ein bißchen zu lang ausgefallen. Auf jedem Fall merkte ich nach dem Aufbruch schnell, daß die Muskulatur in meinem linken Oberschenkel ein bißchen zu krampfen begann. Nach ein paar Minuten ließen die Beschwerden jedoch nach. Ich merkte jedoch, daß ich das Tempo unserer Gruppe nicht mehr lange würde halten können. So ging es weiter durch den dunklen Wald; rechts und links vernahm man das Rascheln der Tiere - nur der Weg vor uns wurde taghell erleuchtet durch die geballte Kraft unserer Lampen (kleiner Tip: Die aktuelle Tchibo-Stirnlampe leuchtet nur etwas schwächer als das Flutlicht in der Arena Auf Schalke ). Bei Verpflegungsstation 4 (Kilometer 40) wurde unsere Kleingruppe dann gesprengt. Peter bekam muskuläre Probleme und machte nur eine ganz kurze Pause, Martin war nach wie vor fit wie ein Turnschuh und der Nachwuchswanderer, der sich kurz vorher zu unserer Gruppe gesellt hatte, schaute ganz dankbar, als ich zu Martin sagte, daß ich jetzt mal langsamer machen würde. Mit ihm legte ich die nächsten 5 Kilometer in gemäßigtem Tempo zurück. Auf diesem Teilstück wurde mir allerdings trotz der Temporeduzierung klar, daß mein wieder krampfender Oberschenkel und der heftig schmerzende Wolf, den ich mir zu allem Überfluß inzwischen eingehandelt hatte, nicht zulassen würden, daß ich die komplette Strecke absolviere. Bei Verpflegungspunkt 4 (Jagdhaus - Kilometer 48) stiegen dann mein junger Mitwanderer und Peter aus. Da ich keine Lust hatte, möglicherweise mehrere Stunden im Freien auf den Besenwagen zu warten, ging ich noch weiter bis zum Rhein-Weser-Turm. Glücklicherweise gibt es auf dem Rothaarsteig jede Menge Hinweisschilder, so daß ich stets wußte, wie weit es noch war. Als ich den hell erleuchteten Rhein-Weser-Turm erreichte, fand ich es ein bißchen schade, daß ich mir ausgerechnet einen so malerischen Ort für meinen ersten Wettkampfabbruch ausgesucht hatte. Drinnen erwarteten mich schon ein gut gelaunter, frisch beinmassierter Martin und ein entspannter, gerade in Beinmassage befindlicher Kurt. Ich wünschte beiden einen guten Rückweg nach Bödefeld und verabreichte mir die erste warme Mahlzeit seit 57 Kilometern. Dann trat ich den schweren Gang zum Mitglied des Orga-Teams an und tat kund, daß ich den Rückweg lieber mit dem Bus machen möchte.


Bei den ersten Telefonaten danach muß ich wohl irgend etwas wie "nie wieder Ultra" oder "100-Kilometer-Märsche sind nichts für mich" gefaselt haben. Heute sehe ich das nicht mehr so drastisch und habe mir schon mal ganz unverbindlich im Internet angeschaut, was die Belgier so alles anbieten... Den nächsten Versuch werde ich allerdings erst starten, wenn ich nicht den Hauch von Zipperlein im Vorfeld hatte. Außerdem werde ich meinen Rucksackinhalt um die eine oder andere Salbe ergänzen.Insgesamt fand ich die Veranstaltung grandios organisiert. Es gab zwar wenige Verpflegungsstände, dafür war die Qualität einfach umwerfend. Die ausführliche Einweisung vor dem Marsch und die feierliche Überreichung der Urkunden gaben der Veranstaltung einen perfekten Rahmen. Die Wege waren stets gut markiert, indem 5 Meter vor und nach jeder Richtungsänderung jeweils ein gut sichtbarer Stab in den Boden gerammt war und zusätzlich jede Menge Richtungspfeile auf den Boden gemalt waren. In diesem Jahr war das Hollenmarsch-Wochenende ein Wochenende, an dem ich viel Spaß hatte und nette Foris kennengelernt und wieder getroffen habe. Leider ist es mir dieses Mal vorwiegend aufgrund meiner eigenen Dusseligkeit nicht vergönnt gewesen, die hübsche Hollenmedaille mit nach Hause zu nehmen. Da ich sie aber äußerst gerne in meiner Sammlung hätte, gibt es wahrscheinlich nur eine Möglichkeit

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