Montag, 23. Juli 2007

Per aspera ad astra - 20.07.2007

Der vierte Tag hätte nicht schlimmer starten können. Ich ging wie üblich zum Frühstücksraum, doch niemand vom Hotelpersonal war anwesend. Ohne Frühstück loszumarschieren wäre ja an sich kein Problem, da sich am Wegesrand regelmäßig Verpflegungsstände befinden. Etwas mehr machte mich der Gedanke nervös, dass mein Frühstückszubereiter auch gleichzeitig mein Chauffeur zum Bahnhof Cuijk war. Ich gab ihm ein Viertelstündchen, dann ergriff ich die Initiative und hielt auf der Straße den nächstbesten PKW an. Der Fahrer sträubte sich zunächst ein wenig; als ich ihn jedoch wissen ließ, wie dringend ich nach Nijmegen fahren muss, brachte er mich umgehend zum Bahnhof Cuijk.

Die nächste Herausforderung wartete am Bahnhof Nijmegen auf mich. Das Schließfach weigerte sich hartnäckig, meine EC-Karte zu lesen. Praktischerweise ist der Einwurf von Bargeld bei niederländischen Schließfächern nicht vorgesehen. Zum Glück saß neben dem Schließfach eine Einheimische, die sich auf dem Heimweg von der Vorabendfete befand. Sie half mir mit ihrer Karte aus und wünschte mir viel Erfolg bei der abschließenden Wanderung.

Martin und ich fanden offenbar den richtigen Startbereich, denn bereits um 4:07 Uhr waren wir auf der Strecke. Um uns gleich freizuschwimmen, legten wir wieder den Turbo ein. Nach drei bis vier Kilometern dünnte das Feld merklich aus. Anders als an den anderen Tagen, stießen die Soldaten schon recht früh zu uns. So wurde es nie richtig einsam und wir konnten uns zu noch nachtschlafender Zeit schon ein wenig warm singen.

Nach gut 10 Kilometern trafen wir einen 63jährigen Niederländer, der uns ganz souverän erzählte, dass er bereits eine Woche zuvor einen anderen Viertagesmarsch gemacht und am Wochenende davor an einer 150-Kilometer-Wanderung teilgenommen habe. Sein Psychiater sei jetzt eine Woche in Urlaub und habe ihm vorher gesagt: „Geh mal nach Nijmegen, da sind die anderen Verrückten auch alle – da fällst Du nicht auf…“

Da wir nach wie vor äußerst zügig unterwegs waren, trafen wir wenig später das Flensburger Pärchen, mit dem Martin einen großen Teil der 4daagse vor zwei Jahren schnellen Schritts absolviert hatte. Sie erzählten davon, dass sie kurz nach dem Start an fünfter bzw. sechster Position gewandert seien, ehe sie eine halbe Stunde Pause eingelegt hätten. Im knappen 8er Schnitt flogen die Kilometer nur so vorbei.

Alles lief wie am Schnürchen. Wir konnten das Tempo nach Lust und Laune variieren, mal richtig Gas geben, mal lange Pause machen. Es war schon beängstigend, wie problemlos dieser Viertagesmarsch doch so funktionierte. Dann kam Kilometer 31. Drei junge Damen am Wegesrand boten eine Fußmassage an – leider nicht manuell, sondern mit Hilfe eines elektronischen Gerätes. Martin machte direkt Gebrauch von dem Angebot.

Es folgte eine ausgedehnte Fotosession anlässlich der bevorstehenden Miss-Nijmegen-Wahl. Kurz nachdem wir die jungen Damen verlassen hatten, begann für mich die Zeit, in der mir klar wurde, dass ein Viertagesmarsch über 200 Kilometer kein entspannter Sonntagsausflug ist. Durch die etwas längere Pause hatte sich wohl meine Leistenmuskulatur gekrampft, so dass es in dem Bereich bei jedem Schritt schmerzte. Durch meinen unrunden Gang wurde die Wadenmuskulatur ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Es folgten 10 Kilometer Kampf voller Zweifel, ob ich nicht doch noch kurz vor dem Ziel die Flinte ins Korn werfen müsste. Ich variierte das Tempo von ganz langsam bis ganz schnell und entschied mich danach für die schmerzfreieste Variante. Währenddessen kehrte langsam aber sicher der Respekt vor der insgesamt zurückzulegenden Strecke zurück.

Nach knapp 40 Kilometern überquerten wir die Maas über eine Behelfsbrücke, die vom Militär angelegt worden war. Jetzt lagen nur noch die schönsten 10 Kilometer der Tour vor uns. Wir machten eine kurze Pause, um uns das erste Softeis des Tages zu genehmigen. Das nahe Ziel und der wohlbekannte Geschmack auf dem Gaumen schien meine Psyche ausgetrickst zu haben, denn nach der Pause konnte ich wie von Zauberhand wieder schmerzfrei weitergehen.

Am Ortseingang erwarteten uns Martins Gastgeber mit einem Strauß Blumen, einer Küsschen-Orgie, einem Sitzplatz im Schatten sowie einem kühlen Getränk. Zwischenzeitlich hielten wir beide einige Orchideen in der Hand, die kurz vor der Zielgerade jedem Teilnehmer gereicht werden.
Auf den letzten Metern trafen wir noch ein Läufer-Pärchen aus Köln, die uns sagten, dass sie schon in den letzten Tagen versucht hätten, uns zu folgen, dies jedoch nur machbar gewesen wäre, da wir immer so lange Pause gemacht hätten. Wir unterhielten uns eine ganze Weile sehr nett und ich bat sie, beim nächsten Kölsch-Walk als Zuschauer zu erscheinen, damit man dort nicht so alleine auf der Strecke ist.

Die letzten Kilometer zum Ziel waren Genuss pur. Die Zuschauer am Wegesrand wurden immer zahlreicher und lauter und eine Musikdarbietung folgte der nächsten. Wie in Trance gingen wir dem Ziel entgegen und wünschten uns, dass es noch möglichst lange auf sich warten lässt. Auf der Ziellinie war ich glücklich, dass ich meine ersten 4daagse geschafft habe und traurig, dass ich dieses unvergleichliche Ereignis bislang verpasst habe. Die Frage, ob ich wiederkomme nach Nijmegen, wird sich für mich in diesem Leben nicht mehr stellen.

Schade dass Eddi in diesem Jahr nicht dabei sein konnte - aber es halten sich ja hartnäckige Gerüchte, die besagen, daß sich dies bereits im nächsten Jahr ändern könnte... ;-)

Donnerstag, 19. Juli 2007

In the Dutch mountains - 19.07.2007

Puenktlich um 2 Uhr klingelt der Wecker wie jeden Morgen. Ich setze meine Fuesse auf den Boden. Nein, das fuehlt sich nicht gut an. Gut zu wissen, dass ich zwei Achillessehnen habe. Jetzt kenne ich auch ihren exakten Verlauf. Der linke Vorfuss hat wieder seine kleine aber feine tiefliegende Blase wie beim dritten Tag des Mauerwegs - ein gutes Omen. Frisch geduscht, ein bisschen im Zimmer auf und ab gelaufen, ein Compeed links vorne drunter, ein Compeed rechts vorne drunter und die Weichei-Show ist vorerst beendet.

Fruehstueck schmeckt gut, Transfer klappt bestens. Mein Fahrer hat heute nacht sogar ein paar Minuetchen geschlafen. Ich komme auf dem Bahnhof Cuijk an und sehe, dass ein paar Wanderergrueppchen kleiner geworden sind. Waehrend ich fluessig auf dem Bahnsteig auf und ab gehe, bemerke ich, dass fast jeder Dritte ein bisschen humpelt. 100 Kilometer in 2 Tagen sind halt doch ein bisschen heftig.

In Nijmegen inspiziere ich den Bahnhof nach Schliessfaechern, um morgen schon mal waehrend des Walks mein Gepaeck zu deponieren. Dann geht's zum Startbereich, wo Martin schon wartet. Nach den schlechten Erfahrungen von gestern entscheiden wir uns fuer eine der abseits gelegenen Startzonen. Da hier nicht so viele Wanderer warten, sind wir bereits um 4:12 Uhr auf der Strecke.


Der erste Kilometer zieht sich wie Kaugummi. Trotz der frueheren Startzeit ist wieder die 11:30-Fraktion vor uns. Da habe ich nun heute ueberhaupt keine Lust drauf. Nach kurzer Absprache mit Martin wechsele ich auf den Buergersteig und dann geht die Post ab. Die ersten Kilometer sind identisch mit der gestrigen Strecke und aehnlich zuschauerfrei. Da macht es nichts aus, dass wir im 7:30er Schnitt an noch verwaisten Campingstuehlen am Wegesrand vorbeifliegen. Nach Kilometer 5 wird das zu ueberholende Feld merklich duenner. Wir koennen zumeist auf der Strasse gehen; nur wenn eine stabile Viererformation nebeneinander walkt, muss der Buergersteig fuer Ueberholmanoever herhalten. Nach knapp 10 Kilometern kommen wir durch ein paar romantische Fotosessions (Pferde im Sonnenaufgang bei Bodennebel) ein wenig aus dem Tritt.
Dies nutzen unsere beiden Sportgeherfreunde, um aufzuschliessen. Heute sind sie wieder im knappen 8er Schnitt unterwegs. Da wir immer weniger Walker vor uns haben, koennen wir schnellen Schritts 10 weitere Kilometer zusammen zuruecklegen.

Inzwischen ist es laendlich um uns herum geworden. Einige wenige Walker der Kategorie "Ich weiss was ich hier tue, denn ich tue es regelmaessig." marschieren noch auf unserer Hoehe, ein paar sind noch vor uns. Vom dicht gedraengten Feld ist aber weit und breit nichts mehr zu sehen - ebensowenig von den Zuschauern, die um diese Zeit noch nicht ernsthaft mit Wanderern rechnen.


Nachdem ich mit dem Spurten angefangen hatte, ist Martin nun angefixt und ich habe Muehe, ihn auszubremsen. Auch gutes Zureden wie "Schau Dir die ganzen Stuehle am Wegesrand an. Waere das nicht toll, wenn wir warten, bis da Leute sitzen?" koennen ihn nicht mehr bremsen. Im Grunde habe ich auch gar nichts dagegen, denn die Strecke, eine oede lange Seitenstrasse mitten im Nirgendwo, macht nicht wirklich Laune auf entspanntes Flanieren.


Nach 30 Kilometern merke ich, dass es keine gute Idee war, die Etappe mit einem Spurt zu beginnen. Bedingt durch die bereits sehr intensive Sonneneinstrahlung in Kombination mit relativ geringer Fluessigkeitsaufnahme wird mir ein bisschen schummerig. Ich erstehe eine suendhaft teure Huehnersuppe und ein Getraenk - wenig spaeter kehren die Lebensgeister zurueck.

Nachdem wir uns bereits seit einigen Kilometern darauf gefreut hatten, dass die 40er Strecke alsbald zu unserer stoesst, ist die Enttaeuschung aeusserst gross, als wir sehen, dass dort auch erst die ersten Cracks auf unserer Hoehe sind und die breite Masse noch ein wenig zurueckhaengt. Wir ziehen die Notbremse und legen eine ausgiebige Pause bei OLAT ein mit Kaffee fuer 60 ct., Rosinenbroetchen, Marzipangebaeck, noch einem Rosinenbroetchen und ein bisschen Suppe - morgens halb zehn in Holland.

Waehrenddessen wird er Pulk der vorbeiziehenden Walker immer dichter - Zeit zum Aufbruch. Wir wandern weiter ins naechste Dorf. Hier ist heute erstmals so richtig Stimmung. Martin tanzt vor den Zuschauern auf und ab, huepft auf den 135-Kilometer-Fuessen wie eine Feder und spielt im Rhythmus der Musik Luftgitarre.

Es geht weiter Richtung Groesbeek und den 7 Huegeln, die heute zur Ueberquerung anstehen. Jetzt sind auch die Zuschauer da. In den Orten, zwischen den Huegeln und auf den Huegeln steht Campingstuhl an Campingstuhl. So viele Suesswaren, wie gereicht werden, kann ein Mensch gar nicht zu sich nehmen. Da wir heute den inoffiziellen Tag der Unvernunft haben, beschliessen Martin und ich, jeden der 7 Huegel in Hoechstgeschwindigkeit hochzuwalken. Die frenetische Anfeuerung des Publikums inspiriert uns bei jeden Huegel auf's Neue.

Unsere Uebermotivation haelt ganze 5 Huegel lang an. Dann schliessen wir auf eine dunkelhaarige junge Dame mit Schweizer Faehnchen im Rucksack auf. Ich versuche, mit einfallsreichen Spruechen wie "Kommst Du aus der Schweiz?" ins Gespraech zu kommen. Dass keine Reaktion ihrerseits erfolgt, schreibe ich ganz spontan meinem unwiderstehlichen Charme zu. Ein letzter Versuch soll's richten: "Waar kom je vandaan?" Nach der Antwort "Uit Nijmegen" ist geklaert, woran der erste zarte Annaeherungsversuch gescheitert war.

Ohne dass ich mich mit Martin abgesprochen haette, ist nun Entspannungswalk angesagt. Wir kauderwelschen ein wenig mit Suzanne, die die Schweizer Fahne einer schweizer Militaertruppe abgeluchst hat. Ich schiesse das eine oder andere Foto und ernte ein breites Grinsen fuer meinen Titelvorschlag "het jonge meisje uit Nijmegen en de oude meneer uit Hamburg". Suzanne humpelt ein wenig und beisst merklich auf die Zaehne, haelt aber tapfer ihren 9er Schnitt. Um ein Deja vu zu verhindern, frage ich besser nicht, wie es ihr geht, da ich irgendwie fest mit der Antwort "War schon mal besser." rechne.


Zwei Kilometer vor Zieleinlauf begruesst Suzanne ihre Grosseltern an der Strecke. Sie sagt ihnen, dass sie gerne den Zieleinlauf noch mit den beiden "Gekken" (ndl. gek = verrueckt) machen wuerde. Die Grossmutter zaehlt Suzannes Finger durch, um hinterher feststellen zu koennen, ob wir noch alle dran gelassen haben. Kurz vor Schluss ueberholt uns ein hoch motivierter junger Mann mit schnellen Schritten. Wir ziehen ebenfalls einen kleinen Spurt an, koennen ihm jedoch nicht folgen. Kurz nach 12 Uhr erreichen wir das Ziel, verabschieden uns von Suzanne und lassen bei Swirl und Cappucino den noch jungen Tag ausklingen.


Fazit: Es war mal eine voellig neue Erfahrung, eine Teiletappe im Vorderfeld mit den Cracks zurueckzulegen. Die Zuschauerresonanz hat mir hierbei allerdings sehr gefehlt. Das bunte Treiben nach Kilometer 30, die Huegel und die lustigen entspannten Kilometer mit unserer Pacemakerin haben allerdings den Tag zu einem weiteren besonderen Erlebnis gemacht.

Mittwoch, 18. Juli 2007

4daagse - mein erster zweiter Tag 18.07.2007

Der zweite Tag der 4daagse war im letzten Jahr der Tag der grossen Enttaeuschung. Aufgrund der Vorkommnisse an Tag 1 waren die 4daagse abgebrochen worden. Auch mich hat diese Tatsache lange frustriert, bis mich zwei Dinge nachdenklich gemacht haben.

Zum einen war in dem Heftchen zum diesjaehrigen Viertagesmarsch zu lesen, dass die Toten im letzten Jahr keineswegs ungeuebte Antisportler waren, sondern bereits diverse laengere Walks hinter sich hatten. Bislang war ich der Auffassung, dass ich vor solchen Ueberraschungen einigermassen sicher bin. Nach dem Bericht sind mir da leise Zweifel gekommen.

Zum Zweiten hat mich Eddi darauf hingewiesen, dass ich erst aufgrund des Abbruchs der 4daagse im letzten Jahr einen Kurzurlaub in Berlin gemacht und dort den Mauerweg entdeckt habe. Haetten die 4daagse wie geplant bis zum Ende stattgefunden, haette ich den Mauerweg wohl nicht entdeckt, wir haetten den Mauerwalk nicht gemacht, ich haette Eddi nicht persoenlich kennengelernt und viele unvergessliche gemeinsame Unternehmungen haetten wohl nicht stattgefunden. Dinge relativieren sich, wenn man sie aus verschiedenen Perspektiven betrachtet...

So absolvierte ich heute meinen ersten zweiten Tag beim Viertagesmarsch. Anders als gestern begruesste mich nach dem Aufstehen ein klarer Sternenhimmel. Der junge Mann, der mich vom Hotel zum Bahnhof brachte, erzaehlte mir, dass er bis gerade in Nijmegen gefeiert haette. So keimte ein Gefuehl der Sicherheit in mir auf.

Kurz vor 4 Uhr traf ich Martin im Biergarten des Startbereichs. Wir stellten uns hinten an und es dauerte 5 Minuten laenger als gestern, bis wir auf der Strecke waren - entscheidende 5 Minuten, denn wir gerieten in ein Grueppchen, das mit 11:30er Schnitt unterwegs war und das noch so gross war, dass wir nicht anders konnten als mitzuschwimmen. Wurden wir gestern bereits auf den ersten Kilometern von begeisterten Zuschauern begruesst, herrschte jetzt Totenstille. Obwohl wir durch die Wohnviertel von Nijmegen marschierten, interessierte sich niemand fuer uns. Das einzige, was unsere Lebensgeister wach hielt, war die Tatsache, dass wir im Sonnenaufgang schoene romantische Fotos schiessen konnten.

Nach 7 Kilometern Schweigemarsch lockerte das Feld langsam auf und die ersten Zuschauer liessen sich blicken. Martin und ich kamen langsam auf Betriebstemperatur. Es wurde laendlicher und von hinten schwebten die 2 Sportgeher an uns vorbei, die stets hinten starten und dann im 8er Schnitt mit ausladenden Armbewegungen am Feld vorbeifliegen. Ehe wir einzuduseln drohten, schlossen wir uns den beiden spontan an. Nach 10 Kilometern gab es eine erste kleine Kaffeepause bei OLAT - dann ging's weiter. Nachdem unsere Pacemaker Bekannte getroffen hatten und eine zusaetzliche Pause einlegten, hatten Martin und ich Blut geleckt. Ich entschied mich spontan fuer 7:30er Schnitt und die abenteuerliche Reise nahm ihren Lauf - rechts, links, ueber den Fahrradweg, durch die Quecken - einfach herrlich... Pausen gab es nur, wenn am Wegesrand Suessigkeiten gereicht wurden.

Nach 20 Kilometern lag das laut Martin oedeste Stueck der Strecke vor uns - ein langer Deich ohne viele Attraktionen. Zuegig, aber nicht mehr mit Vollgas, gingen wir die Strecke an. Es wurde langsam waermer und ich rechnete mal zusammen, was ich denn bislang so getrunken hatte. Nachdem mir das Ergebnis nicht gefiel, war ich froh, als nach gut der Haelfte des Deiches ein Getraenkestand auftauchte, an dem es suendhaft teure Coke light zu kaufen gab. Auch ein lasches Broetchen mit Kaese durfte es sein. Obwohl wir bereits die Haelfte der Strecke absolviert hatten und unsere innere Uhr auf Mittag stand, sagten die Leute hartnaeckig und voellig zu Recht "Guten Morgen" zu uns - war ja schliesslich erst kurz vor 9...

Vorbei am Fluss ging es auf einen Feldweg. Nach einer Bruecke sprang mein Forerunner erst einmal von jetzt auf gleich um 3 Kilometer vor und senkte unsere Durchschnittsgeschwindigkeit dadurch erheblich. Wir waren zwar schnell unterwegs, aber 8:10er Schnitt war es trotzdem nicht gewesen.

Kilometer 30 ist traditionell die Stelle, an der die 50er Strecke auf die 40er trifft, auf der die meisten Frauen unterwegs sind. Diese Stelle ist auch genauso traditionell der Beginn unserer walkerischen Entspannungsphase, voellig unabhaengig davon, wie schnell wir vorher unterwegs waren. Es war auch ganz praktisch, dass wir jetzt langsam walkten, denn es waren diverse Doerfchen zu passieren, in denen die Hoelle los war. Kinder fuetterten uns mit Suessigkeiten rund, es gab Gurkenscheiben, Getraenke, Cracker, Gebaeck, Tuc, Pflaumen, MOEHREN und Gurken. Hinter einer Absperrung tauchte im Zuschauerbereich ein schnuckeliges kleines Eiscafe auf. Obwohl ich mir aus Eis sonst nicht viel mache, konnte Martin mich nach milisekundenlanger Ansprache ueberreden, hier doch mal eine Ausnahme zu machen. Wir wurden belohnt mit einem wohlschmeckenden Soft-Eis mit Schokoglasur und einem erstklassigen Foto der huebschen Eisverkaeuferin.

Ueberhaupt machten wir waehrend der gesamten Veranstaltung jede Menge Portraitfotos. Wir beabsichtigen, nach unserer Rueckkehr eine internetbasierte Wahl der Miss Nijmegen auszuschreiben. Die Kategorien Walkerinnen, Helferinnen und Eisverkaeuferinnen haben bereits einige aussichtsreiche Kandidatinnen im Rennen.

In den Doerfern jagte ein Highlight das naechste: Exzessive Ernaehrung, jede Menge Musikkapellen, Parties und fast die gesamte Dorfbevoelkerung an der Strasse - Walkerherz, was willst Du mehr? Dazu noch Sonnenschein, der mir dank Eddis Kappe nichts anhaben konnte, zumindest fast nichts, denn die Sonnencreme verbrachte waehrenddessen einen stressfreien ungestoerten Tag in meinem Rucksack.

Als Martin und ich in Nijmegen die Maasbruecke aus der Entfernung sahen und klar war, dass die letzten 4 Kilometer angebrochen waren, wollten wir es noch einmal richtig wissen. Vorbei an staunendem Publikum drehten wir richtig auf. Beim Anstieg zur Innenstadt hatten wir schliesslich Betriebstemperatur und der Kilometerschnitt sank unter 7 Minuten. Der Radiomoderator, der uns sah, sagte irgendwas in der Richtung "Jetzt kommen welche, die schlurfen den ganzen Tag rum und wenn es dann ins Ziel geht, zeigen sie, was sie koennen." Bei all der Eile vergassen wir allerdings unsere persoenlichen Vorlieben nicht und so drehten wir kurz vor dem Einchecken noch einmal ab in die Innenstadt, um uns jeweils ein grosses Swirl-Eis zapfen zu lassen. Gleichzeitig wuchs der Kreis der Bewerberinnen um den Titel der Miss Nijmegen um eine weitere Eisverkaeuferin.

Mit Eisbecher in der Hand schlurften wir gen Ziel, gaben unsere Kontrollkarte ab und holten uns die Karte fuer morgen. Ein abwechslungsreichen Walk bei strahlendem Sonnenschein lag hinter uns. Auf meinem Weg ins Internetcafe sprach mich ein wildfremder Niederlaender an und fragte mich, ob ich tatsaechlich 100 Kilometer zurueckgelegt haette. Man wuerde meinem Gang so ueberhaupt keine Belastung ansehen - und er waere ganz sicher, dass ich die letzten beiden Tage auch noch packen werde. Eine bessere Motivationshilfe gibt es nicht...

Dienstag, 17. Juli 2007

Vom Läuferstammtisch bis zu den 4daagse 13.-17.07.2007

Nachdem ich in Magdeburg zu Gast sein durfte, stand am letzten Wochenende Eddis Gegenbesuch im tiefen Westen der Republik an. Pünktlich zum Dienstschluss holte sie mich von der Arbeit ab. Trotz anderslautender Vorwarnung deponierte sie dabei lieb gewonnene, bislang noch grüne Pflanzen in meinem Buero, auf dass ich nun Gelegenheit haben werde, ihnen binnen der nächsten 18 Monate den Garaus zu machen.

In Düsseldorf suchten wir das Hotel auf, in dem wir unser Basislager fuer die Unternehmungen der nächsten Tage aufschlagen wollten. Es hätte mir eine Warnung sein müssen, dass es sich laut Plan direkt in Hauptbahnhofsnähe befindet. Vorbei an Lokalitäten, in denen man so ausgelassen feiert, dass man auf dem Tisch tanzt (Der englische Name deutete zumindest darauf hin.), erreichten wir unser Domizil.

Bis zum Läuferstammtisch am Abend in Dortmund war noch etwas Zeit und so beschloss der Kemnader in mir, Eddi meinen Lieblingssee zu zeigen. Wir steuerten zunächst den Eiswagen mit dem 18-Kalorien-Sportlereis an und machten uns dann frisch gestärkt auf die kleine Runde. Die Sonne lachte, Schiffe fuhren und einige wenige Läufer, Walker und Skater begleiteten uns. Der See zeigte sich von seiner besten Seite.


Zum Läuferstammtisch am Abend versammelte sich eine muntere 14-köpfige Schar beim Nouvelle-Cuisine-Italiener Mamma mia in Dortmund. Es war ein kurzweiliger Abend. Eddi lernte ausschliesslich neue Foris kennen. Für mich war es die Gelegenheit, mal wieder die Kemnader, einige Junkies und weitere Foris nach langer Zeit wiederzutreffen. Nach dem kurzweiligen Abendessen enterten Eddi und ich die Düsseldorfer Altstadt, wunderten uns, wieviel um die Zeit dort noch los ist und flanierten am Ufer entlang zum Fernsehturm.

Samstag waren wir um 15 Uhr zum privaten Kölsch-Walk mit Lene aus dem Mitwalken-Forum verabredet. Da bis dahin noch ein bisschen Zeit war, wollte ich Eddi mal die Schwebebahn in Wuppertal zeigen. Bereits in Vohwinkel mussten wir allerdings feststellen, dass das Einzige, was an diesem Tag an den Schienen hängt, das Wartungswägelchen war. So war Zeit genug, uns zum zweiten Frühstück bei Schwesterchen Maria einzuladen.

Langsam wurde es heiss am Rhein. Während Eddi zusehends in Frage stellte, überhaupt einen ausgedehnten Walk zu machen, war ich schon auf gaaanz langsam programmiert. Als wir Lene trafen, war gemäßigtes Tempo bereits beschlossene Sache. Anders als beim Kölsch Walk wanderten wir vom Deutzer Bahnhof in Richtung Rodenkirchener Brücke. Am gesamten Ufer sammelten sich bereits Camper und Leute mit Gartenstühlen, da am Abend die Großveranstaltung Kölner Lichter anstand.

Vor der Rodenkirchener Brücke kehrten wir in einen Biergarten ein und Eddi gab ihr Kölsch-Debut. Damit auch die gesunde Ernährung nicht zu kurz kommt, pflückten wir von den Sträuchern an der Rodenkirchener Brücke noch ein paar Brombeeren, die ausserhalb der Pinkelzone von Hunden hängen - lecker...

Nach Überquerung der Brücke kam ein langes ödes Stück an der Hauptstraße entlang. Lene gab ein bisschen Gas, so dass wir schon bald wieder die Uferpromenade erreichten. Dort wurde es zusehends lebhafter. Der Kölner Dom im Blickfeld beschleunigte uns zusaetzlich, sodass wir nach netto knapp 2 Stunden die 12 Kilometer absolviert hatten - doch ein äusserst ansehnliches Tempo. Nachdem wir festgestellt hatten, dass der Turm des Kölner Doms nicht mehr für Besucher geöffnet war, beschlossen wir den privaten Kölsch Walk im Biergarten.

Dann wurde es auch schon Zeit, auf die andere Rheinseite zu wechseln, wo die Fred Kellner Band das Publikum einheizte. Die Mischung aus Soul, Blues und Funk kam beim Publikum gut an und verkürzte die Wartezeit auf das gigantische Feuerwerk, das eine halbe Stunde vor Mitternacht steigen sollte. Als schliesslich hunderte von Raketen den Himmel erleuchteten, zig beleuchtete Schiffe über den Rhein fuhren, ein Wasserfall aus Lichtern von der Hohenzollernbrücke floss und fast alle Zuschauer ihre Wunderkerzen anzündeten, ging ein kurzweiliger Tag malerisch zu Ende.

Sonntag war bereits vormittags ein Walking-Treff angesagt. Feli aus dem Mitwalken-Forum erwartete uns kurz vor Mittag in Erftstadt. Sie betonte, dass sie keinerlei Orientierung habe und dass sie überhaupt nicht schnell sei. Trotz dieser Ankündigung ging ganz schön die Post ab. Auch bergauf kam Feli nicht übermäßig ins Keuchen.

So richtig bekannt kam ihr nicht jede Ecke vor, aber als wir nach gut einer Stunde zufällig wieder den Bahnhof erreichten, hatten wir genau das Pensum geschafft, dass wir uns vorgenommen hatten. Für diese Punktlandung hatten sich Eddi und Feli ein kleines und ich mir ein großes Eis verdient.

Eddi und ich hatten noch nicht genug. Köln lag auf dem Weg, die Fernsicht war gut - was liegt da näher als auf den Dom zu klettern. 509 Stufen stellten für uns geübte Walker kein Hindernis da, die dicke Berta hatte gerade Ruhepause und verschreckte uns nicht beim Vorbeigehen und oben belohnten uns eine leichte Brise und eine herrliche Aussicht. Da uns das nicht ausreichte, setzten wir uns noch eine lange Weile auf die Tribüne, die noch vom Vortag am Rhein stand und genossen den Sonnenuntergang. Erlebnisreiche drei Tage fanden so ihren perfekten Ausklang.

Montags beginnt zumeist die Arbeitswoche. An diesem Montag verhielt es sich so ähnlich - einchecken für den Viertagesmarsch war angesagt. Eddi brachte mich zum Hotel - gemeinsam fuhren wir nach Nijmegen.

Die Stadt füllte sich immer mehr mit Wanderen aller Nationalitäten und Altersgruppen, ein wahrlich stilvoller Auftakt für die naechsten Tage. Auf den diversen Bühnen in der Stadt gab es ein buntes Musikprogramm. Durften wir uns zum mittäglichen Bierchen beim Essen stilechterweise noch irische Trinklieder anhören, konnten wir beim Eis bereits ein paar Oldies geniessen, während auf der Hauptbühne Rock dargeboten wurde. Nostalgische Gefühle überkamen mich, als ich dort die holländischen Gassenhauer aus der Zeit hörte, in der ich einen Niederländisch-Kurs besucht hatte. Die Leute in den Cafes kannten die Texte und sangen alles mit. Beim Lied "Het is zo stil in mij" lief mir ein Schauer über den Rücken, aber ich musste auch schmunzeln, da dieses Lied so gar nicht zu meiner Gefühlslage paßte.

Um 17 Uhr trafen wir Martin, der eine Odyssee mit dem Zug hinter sich hatte. Er musste sich beeilen, um sein Quartier noch zu erreichen, da dorthin kein Bus fuhr.


Nachdem Eddi sich auf den Heimweg gemacht hatte, durfte ich einem Techniker im Luxushotel erst einmal ein Stündchen zuschauen, wie er eine High Tech-Schliessanlage repariert - mit dem Ergebnis, dass ich jetzt statt einer elektronischen Zugangskarte einen guten alten Schlüssel mit mir führe. Kurz nach 21 Uhr war mein Tag zu Ende - schließlich hiess es bereits um 2 Uhr morgens aufstehen.

Irgend etwas war anders am ersten Tag der 4daagse. Statt der Gluthitze des letzten Jahres gab es zum Aufstehen erst einmal einen kleinen Sturzregen auf das Hoteldach. Ich überdachte noch einmal den Inhalt meines Rucksacks und stockte spontan um Regenbekleidung auf.

Punkt 4 Uhr traf ich mich mit Martin. Da bereits einige Leute um halb vier angereist waren, dauerte es bis viertel fuenf (4:15 Uhr), bis wir auf dem Weg waren. Auf den ersten Kilometern konnten wir kaum schneller gehen als 5km/h, da das Feld noch dicht gedrängt war. Der Regen hatte sich gelegt und die Jugendlichen, die etwas länger bei den Viertagesfesten ausgeharrt hatten, begrüßten uns freundlich am Wegesrand.

Langsam wurden wir schneller. Nur in den Orten ließen wir es gemächlich angehen, da hier am Wegesrand jede Menge zu sehen war - jubelnde Zuschauer, Musikgruppen und Kinder, die ihre Süßigkeiten mit den Wanderern teilten. In diesem Jahr war ich besser vorbereitet als vor einem Jahr. Ich hatte alle Wichtige dabei - Sonnencreme, Trinkflasche und Kamera. Ich verfüge sogar über eine Kopfbedeckung - die original Mauerwalk-Kappe von Eddi wird mein Haupt hoffentlich während der vier Tage vor weiteren bleibenden Schaeden schützen. Herzlichen Dank für die Leihgabe... ;-)

Bis Kilometer 30 wurde es mehr und mehr einsam, da sich das Feld auseinanderzog. Ab diesem Punkt stieß die 40er Strecke, auf der die meisten Frauen unterwegs waren, zu unserer Strecke und es wurde von jetzt auf gleich wieder lebhaft. Auch die Armeeverbaende mit ihren fröhlichen teils gar nicht militaerischen Liedern sorgten für Auflockerung.

Bei Kilometer 43 war es so weit. Martins Lieblingsversorger OLAT kredenzte eine leckere Suppe, Rosinenbrötchen, Marzipangebäck und den billigsten Kaffee der 4daagse.

Kurz vor dem letzten Deich, auf dem es im letzten Jahr zu 2 Todesfällen gekommen war, trafen wir zwei junge Damen aus Jülich. Da ich mich mit Martn lautstark über die diversen kulinarischen Reize der Strecke unterhalten hatte, hatten sie gleich messerscharf kombiniert, dass wir Deutsche sind. Auf den folgenden Kilometern bewies Martin mir dann, dass auch er langsam walken kann, wenn besondere Situationen dies erfordern.

Am Beginn des letzten Deichs stand eine Sondereinheit von den städtischen Wasserwerken und füllte nach den schlechten Erfahrungen des Vorjahres alle Walker mit jeweils mindestens einem halben Liter Leitungswasser ab. Durch unser kurzweiliges Gespräch merkten wir gar nicht, dass der letzte Deich doch 7 Kilometer lang und völlig öde ist. Schwuppdiwupp waren wir auf der Brücke nach Nijmegen zurück und im Zielbereich. Kurz vor dem Ziel drehten wir eine Ehrenrunde, um in einem nahe gelegenen Supermarkt Getränke zu kaufen. So ausgerüstet begaben wir uns ins Ziel, checkten aus, legten die Füße hoch und ließen es uns gut gehen. Tag 2 kann kommen.

Montag, 9. Juli 2007

Gut gelaufen - Herz-Kreislauf Magdeburg 08.07.2007

25 Jahre im öffentlichen Dienst müssen belohnt werden – und so gab es am Freitag einen Tag Sonderurlaub. Den habe ich gleich genutzt, um in aller Ruhe mit Nahverkehrszügen nach Magdeburg zu fahren. Offizieller Anlass meines Kurztrips war der KKH-Herz-Kreis-Lauf am Sonntag. Tatsächlich stand mir einfach der Sinn nach einem weiteren kurzweiligen entspannten Wochenende mit Eddi – da hätte der offizielle Wettbewerb ruhig die internationale sachsen-anhaltinische Meisterschaft im Teebeutelweitwurf sein dürfen...

Kurz nach 13 Uhr erreichte ich Magdeburg, schloss mein Gepäck ein und begab mich auf Erkundungstour. All die Straßen und Bauwerke, die ich am Wochenende zuvor nur bei Dunkelheit und Nieselregen wahrgenommen hatte, erstrahlten nun in voller Pracht. So durfte sich meine Kamera bei Hundertwasserhaus, renovierten Altbauten, unrenovierten Altbauten und verfallenen Hinterhöfen langsam für’s Wochenende warmlaufen.


Um 16 Uhr war auch Eddis Arbeitswoche zu Ende. Nach einer kleinen Shopping-Tour durch die bunte Einkaufswelt von Magdeburg war Geschenke verpacken angesagt – dann ging es auch schon los mit der abendlichen Geburtstagsfete von Kathleen. Zunächst lockte ein chinesisches Buffet zur hemmungslosen Völlerei, ehe der Abend in einem gemütlichen Lokal in der Magdeburger Innenstadt ausklang. Geburtstagsgast Martin weihte mich in die moderne Mißxdrinkkultur ein und sorgte dafür, dass ab sofort mit Bananensaft gestrecktes Weizenbier zu meinen Lieblingsgetränken gehört.


Der Samstagmorgen steht in Gladbeck wie in Magdeburg traditionell im Zeichen des Walking-Trainings. Damit wir uns nach dem Airport Run nicht übermäßig umgewöhnen müssen, hatte Petrus beschlossen, dass der Wind für uns wieder ein bisschen heftiger wehen sollte. Nach drei Kilometern erreichten wir einen Parkplatz, an dem wir Eddis langwöchige Trainingspartnerin und nordische Walkerin Gundula trafen. Wir drehten ein kurzweiliges 9-Kilometer-Ründchen in 9-Minuten-Schnitt an der Elbe entlang und schmiedeten Pläne für den 5-Kilometer-Walk am nächsten Tag. Zum Abschluss durfte ein ausgedehntes Stretching-Programm auf der Elbbrücke nicht fehlen.


Am Abend durfte ich feststellen, dass dies das richtige Wochenende für einen Magdeburg-Besuch war, da Samstag das Ereignis „Fluss in Flammen“ zelebriert wurde. Außer zwei Bühnen, auf denen es neben den unvermeidlichen deutschen Schlagern (Hölle, Hölle,…) auch noch gute Soul- und Bluesmusik zu hören gab, fanden sich auf den Elbwiesen jede Menge teils sehr ungewöhnliche aber gute Futter- und Getränkestände. Lecker-fettige ungarische Langos spülten wir mit Köstritzer runter – einfach genial… Nur die Eisversorgung ließ leider etwas zu wünschen übrig. Es gab nur riesige Softeisportionen in unterproportional großen Hörnchen, ein echter Leckerbissen für Gaumen und Auge.


Der Abend endete stilvoll mit einem riesigen Feuerwerk von einer stillgelegten Elbbrücke.


Sonntag morgen war es so weit – das große Ereignis stand an. Wir fuhren zum Rothehornpark, um dort am Herz-Kreis-Lauf teilzunehmen. Für den 5er Walk waren Eddi, Gundula und ich angemeldet. Da ich riesige Lust verspürte, mal wieder an einem kleinen Laufwettbewerb teilzunehmen, meldete ich zusätzlich noch für den 3-Kilometer-Einsteiger-Lauf nach. Für die geringe Startgebühr gab es neben einem Baumwollshirt noch eine schicke Kappe, die ich angesichts der brütenden Hitze gleich mal einweihte.


Um 10 Uhr startete der 5-Kilometer-Walk. Eddi freute sich bereits vor dem Startschuss darauf, auch mal das Gefühl kennenlernen zu dürfen, Hürdenlauf über nordische Stöckchen zu machen. Aus diesem Grund stellten wir uns nicht gleich in die erste Reihe.

Nach einer kleinen Ansprache von Dieter Baumann wurden wir auf die Strecke geschickt. Da der Weg doch recht schmal war, überholten Eddi und ich offroad alle vor uns gestarteten bewaffneten und unbewaffneten Walker, sodass wir nach 300 Metern nur noch eines der beiden Führungsfahrräder vor uns hatten. Das Geklacker hinter uns wurde währenddessen stetig leiser. Eddi kam sehr schnell auf Betriebstemperatur und so konnten wir konstant im knappen 7er Schnitt walken. Das Tempo war so heftig, dass sämtliche Versuche meinerseits, ein paar wackelfreie Fotos zu schießen, kläglich scheiterten.


Vom Führungsfahrrad aus bekamen wir immer angesagt, wie weit wir schon sind und wie weit wir noch walken müssen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass der 5-Kilometer-Walk nicht ganz 5 Kilometer lang werden würde. Nachdem der Weg bei Kilometer 3 eine Schleife gemacht hatte, konnten wir sehen, wie weit die übrigen Walker bereits hinter uns waren. Auf dem letzten Kilometer ereilte mich ein Déjà-vu: Eddi betonte, dass sie nicht mehr in der Lage sei, einen Endspurt zu machen und zog gleichzeitig das Tempo auf 6:40/Kilometer an. So erreichten wir nach 4,64 Kilometern und 32:09 Minuten das Ziel. Nach weiteren 4 Minuten trudelten dann nach und nach die übrigen Walker ein. Gundula absolvierte ihren Walk im knappen 9er Schnitt und war im Ziel hochzufrieden.


Ich gönnte mir ein bis zwei Müsli-Riegelchen, ein bisschen was zu trinken und dann ging’s auch schon los mit der Vorbereitung auf den 3-Kilometer-Einsteiger-Lauf. Während das offizielle Aufwärmprogramm so aussah, dass die Meute von Dieter Baumann mit einer Art Ententanz bespaßt wurde, entschied ich mich doch lieber für lockeres Warmtraben.

Der 3-Kilometer-Lauf wurde gut angenommen. Ca. 50 – 60 Starter sammelten sich an der Linie. Da ich in den letzten Monaten keinerlei Lauftraining absolviert hatte, stellte ich mich optimistisch in die Mitte der Startaufstellung. Eddi machte noch ein paar Fotos und dann ging’s auch schon los.

Es lief gut an. Ich überholte Läufer um Läufer, bis ich mich nach gut 100 Metern plötzlich und unerwartet direkt hinter dem Führungsfahrrad befand. Nach weitern 200 Metern schaute ich mal so nebenbei auf den Forerunner, der mich zu meiner Überraschung wissen ließ, dass ich in einem Anfall von Übereifer mit 4:15er Schnitt unterwegs war. Da ich vorhatte, die Ziellinie ohne fremde Hilfe zu erreichen, drosselte ich das Tempo ein wenig und ließ ca. 10 Läufer passieren. Die 3-Kilometer-Strecke bestand aus zwei Runden zu 1,5 Kilometern einmal um den See herum. So hatte ich den Rest des Feldes zumeist gut im Blick. Bei 4:50/Kilometer fühlte ich mich recht wohl und war überzeugt, dass dieses Tempo über die volle Distanz funktioniert.

Nach dem erstmaligen Passieren der Ziellinie nach 1,5 Kilometern gab es durch die Zuschauer noch mal einen kleinen Motivationsschub. Als 2 Kilometer hinter mir lagen, wurde vor mir ein Vierergrüppchen zusehends größer, während von hinten so recht kein Läufer heranstürmte. Die Möglichkeit, noch ein paar Läufer einzuholen, motivierte mich zusätzlich. Nach 2,6 Kilometern war es dann so weit. Mit der Zielgeraden vor Augen, Zielphotographin Eddi und den üppig bestückten Verpflegungsstand fest im Blick, versuchte ich noch eine Art Endspurt und stoppte meine Uhr bei 13:49 Minuten. Erschöpft aber hochzufrieden japste ich Eddi ein paar ungeordnete Laute zu, während sie mir berichtete, dass ich Fünfter geworden sei.


Den Rest des Vormittags nutzten wir dazu, die mannigfaltigen Gesundheitschecks der KKH zu nutzen und Körperfett sowie Lungenvolumen bestimmen zu lassen. Hier gelangte ich zu der Auffassung, dass ich die Körperfettanalyse doch wohl lieber vor dem Genuss von gefühlten 20 Müsliriegeln gemacht hätte. Dass ich angeblich das Lungenvolumen eines 36jährigen habe, hat mich schon deutlich mehr erbaut. Das regelmäßige Training mit einer jungen aufstrebenden Walkerin scheint offenbar auch diesbezüglich einen positiven Effekt zu haben.


Als sich Sonntag um 18 Uhr die Tür des Intercity hinter mir schloss, wusste ich, dass der Wochenend-Trip nach Magdeburg eine äußerst gute Idee war.