Samstag, 23. Juni 2007

5 Städte - ein Ziel: Ruhrmarathon 13.05.2007


Vor gut 2 Jahren anlässlich des Ruhrmarathons hatte ich den Plan, ein einziges Mal in meinem Leben an einem organisierten Marathon teilzunehmen, mir das Finisher-Shirt abzuholen, den Chip abzugeben und fortan wieder gemütlich ohne jeden Zeitdruck alleine durch die Gegend zu wandern. Irgendwie scheint das nicht so funktioniert zu haben…


Am 13.05.2007 um 7:30 Uhr fuhr ich zum Start nach Oberhausen, um dort meinen 25. Marathon in Angriff zu nehmen. Ich war etwas unsicher, ob ich in der Lage sein würde, das richtige Tempo zu finden, da mein letzter Marathon der Röntgenlauf Ende Oktober 2006 gewesen war und ich seitdem zwar viele weite Strecken gewalkt war, jedoch keinerlei Tempotraining absolviert hatte. Je mehr Läufer, Walker und Skater eintrafen, desto „ruhiger“ wurde ich. Ich walkte von Startblock A zu Startblock E und wieder zurück, zuppelte gefühlte 150 mal meine Socken zurecht, schnürte die Schuhe mal fest, mal ein bisschen lockerer und schaute alle 2 Minuten auf die Uhr. Dies legte sich erst, als mein Schwesterchen eintraf, die sich für den Walking-HM angemeldet hatte und mich mit ihrer guten Laune ansteckte.


Punkt 9 Uhr erfolgte der Startschuss und da in diesem Jahr längst nicht so viele Teilnehmer gemeldet waren wie vor 2 Jahren, dauerte es nur knapp 6 Minuten, bis ich die Startlinie hinter mir hatte. Da mir jegliches Geschwindigkeitsgefühl abhanden gekommen war, walkte ich wie ein Irrer den ersten Anstieg hinauf und passierte das 1-Kilometer-Schild bei knapp 6 Minuten… Kurz darauf traf ich Jo. Wir wechselten ein paar freundliche Worte miteinander und ich verabschiedete mich von ihm in der Hoffnung, dass wir uns das nächste Mal in aller Ruhe bei einer gemütlichen Pasta-Party unterhalten können. Die Strecke durch Bottrop war gesäumt von gut gelaunten Zuschauern, die die Läuferschar lautstark anfeuerten. Auf dem Weg nach Gladbeck wurde es wieder ein bisschen einsamer. Mein Kilometerschnitt hatte sich inzwischen bei gut 6:15 eingependelt und mir ging es richtig gut, insbesondere in dem Moment, als ich bei Kilometer 13 meine laufende Kollegin vor mir sah. So richtig traute ich mich nicht, sie zu überholen, da sie mir am Freitag noch angedroht hatte, mich umzubringen, falls ich die Dreistigkeit besitzen würde, an ihr vorbeizuwalken… Zu meinem großen Erstaunen war sie gar nicht entsetzt, mich bereits so früh zu sehen. Dann rief sie mir noch ein paar aufmunternde Worte hinterher. Kurz vor der Gladbecker Innenstadt bemerkte ich noch einen letzten Walker vor mir. Ich schloss zu ihm auf und sah an seiner Startnummer, dass er für den HM gemeldet war. Er erklärte mir, dass er vorwiegend Lauftraining macht und nur sporadisch walkt. Er versuchte, sich einige technische Finessen bei mir abzuschauen und mutmaßte: „Wenn ich das richtig sehe, muss man beim Walken den Körper also leicht vorbeugen.“, worauf ich entgegnete: „Das hat mit Technik nicht viel zu tun. Das liegt eher daran, dass es hier bergauf geht und ich am Limit walke.“ Daraufhin beschloss er, einen kleinen Zwischenspurt einzulegen, den ich nicht mitging. Schließlich hatte ich ja noch mehr als 25 Kilometer zurückzulegen.


In der Gladbecker Innenstadt war richtig Party. Ich traf jede Menge Bekannte, die mich anfeuerten und mir noch eine Extraportion Motivation mit auf den Weg gaben. Süße Lügen wie „Georg, Du siehst gut aus.“ drangen an mein Ohr. Die Strecke zum HM-Ziel nach Gelsenkirchen-Buer war schön abschüssig und ließ sich angenehm walken. Meine HM-Durchgangszeit lag bei 2:16:09. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, dass ich deutlich zu schnell angegangen war und das noch bitter bereuen werde. Der HM-Einlauf in Buer war äußerst schlecht organisiert, da die Marathonis Slalom durch die austrudelnden Halbmarathonis laufen und walken mussten. Wahrscheinlich wollte man sicherstellen, dass die Marathonis noch ein letztes Mal so richtig viel Gesellschaft haben, ehe sie sich auf die 8 Kilometer lange öde Hauptstraße nach Gelsenkirchen begeben… Ich war ja durchaus darauf eingestellt, dass nach den Ergebnissen des letzten Bundesliga-Spieltags in der Nähe der Schalker Arena keine gute Laune herrscht, aber dass man außer ein paar versprengten Marathonis so schlicht gar keinen mehr zu Gesicht bekommt, hat mich doch leicht irritiert. So hatte ich in aller Ruhe Zeit, mich mental mit meiner Blase unter dem linken Mittelfuß zu beschäftigen, die dort bei Kilometer 10 entstanden war und offenbar langsam größer wurde. Wahrscheinlich hatte ich vergessen, mir vor dem Start noch einmal die Socken richtig gerade zu ziehen...


Gefühlte Stunden später bei Kilometer 29 erreichten wir den Come-Together-Point in Gelsenkirchen, bei dem die Oberhausen-Starter und die Dortmund-Starter zusammentreffen, um dann gemeinsam Richtung Essen zu laufen. Ich genoss den regen Zuschauer-Andrang nach der Einöde, die Cheer-Leader und die Dortmund-Starter, die dafür sorgten, dass es auch auf der Strecke wieder etwas lebhafter wurde. In Essen passierten wir diverse einladend aussehende Eiscafes und ich dachte kurz darüber nach, als kleine Motivationshilfe für den restlichen Weg drei Kugeln im Hörnchen mitzunehmen. Kurz nachdem mich der 4:45-er Zugläufer eingeholt hatte, begann der brutale Teil der Strecke. Die Essener Ortsteile mit den sinnigen Namen KATERnberg und STOPPenberg hatten ein paar kurze knackige sowie ein paar langgezogene Steigungen zu bieten, und zwar beginnend bei Kilometer 34 – just dort, wo üblicherweise der Mann mit dem Hammer sein Domizil hat. Danach ging es wellig weiter bis Kilometer 39 und dann noch 2 Kilometer langgezogen bergauf. Irgendwo auf diesem Stück hörte der Marathon schlagartig auf, schön zu sein. Ich war deutlich langsamer geworden und sehnte das Ziel herbei. Nach dem letzten Anstieg ging es mir plötzlich richtig gut. Ich sah die Markierung für den letzten Kilometer, es ging nur noch bergab, die Straße war gesäumt mit jubelnden Zuschauern, aus dem Boxen dröhnte „The final countdown“ und meine Augen wurden ein wenig feucht, obwohl mir schon länger kein Schweiß mehr hineingelaufen war – seltsam… Ich erreichte das Ziel nach 4:51:20 und war äußerst zufrieden. Wenig später konnte ich dann auch meine Kollegin in die Arme schließen. Um mein Leben fürchtete ich dabei nicht mehr…


Beim Urkundendruck sah ich hocherfreut, dass auf meiner Teilstrecke kein Walker schneller war. Auf der Dortmunder Teilstrecke hatte ein Walker eine Zielzeit von gut 4:50. Da er jedoch für die erste Hälfte knapp drei Stunden gebraucht hat und die Zwischenzeit für 30 und 40 Kilometer fehlt, gehe ich davon aus, dass er einen Weg ins Ziel kannte, den ich nicht gefunden habe…

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