Samstag, 23. Juni 2007

Die ersten 1daagse von Nijmegen (Juli 2006)

Voller Respekt vor der zu bewältigenden Strecke hatte ich mich, wie für einen Angsthasen üblich, in einem Luxushotel nahe Nijmegen eingemietet. Wenn man sich tagsüber die Lunge aus dem Leib walkt, sollte es wenigstens abends schön gemütlich sein. Das Hotel in Mill hielt wirklich, was der Prospekt versprochen hatte. Zu meiner großen Freude erfuhr ich bereits beim Einchecken, daß der Transfer zu den 4daagse vom Hotel organisiert wurde: morgens um halb vier Hinfahrt mit dem Auto und nachmittags auf telefonische Anforderung Abholung vom nächstgelegenen Bahnhof. Bereits um drei Uhr morgens gab es ein vollständiges Frühstücksbüffet mit Kaffee und einem Riesenkorb Fressalien zum Mitnehmen.

Die Anmeldung am Montag funktionierte reibungslos. Daß man zur Anmeldung eine Dreiviertelstunde in der Schlange stehen mußte, bereitete kein Problem, da man sich bei der Gelegenheit gleich mit den anderen Verrückten aus den verschiedensten Ländern austauschen konnte. Völlig aufgekratzt durch die Vorfreude hatte ich dann auch massive Probleme, pünktlich einzuschlafen. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß drei Stunden Schlaf auch mal reichen müssen und ich dafür an den nächsten Abenden die Probleme nicht mehr haben würde...

Dienstag pünktlich um drei trafen sich dann die unentwegten 50-km-Wanderer am Frühstückstisch. Selbst ich als Morgenmuffel war hellwach und sehr gespannt auf das, was da vor mir lag... Der Transfer funktionierte gut, und um 10 vor 4 waren wir am Start. Da jede einzelne Startkarte gescannt wurde, dauerte es doch schon eine Weile, bis die über 10.000 Wanderer komplett auf die 50 km geschickt worden waren. Ich traf mich kurz nach dem Start mit Martin. Wenig später überholte mich dann auch noch Dauerwalkerkonkurrent Volker, mit dem ich mir schon so manch heißen Kampf bei 10-km-Walks geliefert hatte. Martin und ich folgten ihm nicht, sondern ließen es ruhig angehen. Ich dachte mir, daß es praktisch wäre, den Bogen tempomäßig nicht zu überspannen, wenn ich schon nicht vernünftig genug war, die Veranstaltung abzusagen...

Gegen 6 Uhr wurde es dann schon deutlich wärmer. Ich hatte im Hinterkopf, daß vor 3 Jahren mal eine Etappe auf 40 Kilometer verkürzt worden war und fragte mich, welche Wetterbedingungen eigentlich herrschen müssen, daß wir eventuell auch in diesen Genuß kämen. Martin und ich tauschten unsere doch sehr unterschiedlichen Philosophien zu den Themen Luxuswalker - Sparwalker, Sonnenhunger - Sonnenschutz (s.o.) aus.


Einig waren wir uns darin, daß die Zuschauerresonanz bei dieser Veranstaltung einfach nur gigantisch war. Während in Deutschland Walker ja häufig nur belächelt werden ("Mach doch mal richtig Sport..."), wird die Wandererschar bei den 4daagse vom Publikum ehrlich und frenetisch angefeuert. Als wir einmal etwas abseits vom Weg bei einer Familie frisches Wasser zapfen wollten, rissen uns gleich mehrere Familienmitglieder unsere Flaschen förmlich aus der Hand. So richtig abwechslungsreich wurde der Marsch, als die Militäreinheiten und die 40-Kilometer-Wanderer zu uns stießen. Staunend lauschten wir den Gesängen der Militärmarschierer (und -innen) aus aller Welt. Bei Kilometer 43 tauchte dann der erste Verpflegungsstand auf, bei dem der Kaffee 60 ct. kostete. Da dies zugleich Martins pekuniäre Obergrenze zum Verzehr eines Kaffees war, kehrten wir dort ein. Martin stärkte sich dann allerdings mit einer Suppe, da er wußte, daß noch ein langes Stück ohne Schatten und Verpflegung vor uns lag. Obwohl es inzwischen auch für mein Empfinden unerträglich heiß war, legten wir einen kleinen Endspurt hin, da wir eine Pacemakerin mit angenehmem äußeren Erscheinungsbild und Tempo erspäht hatten.
Im Ziel schütteten wir dann literweise Getränke in uns hinein, um uns wieder zu regenerieren. Ich merkte schon, daß diese Wanderung trotz gemäßigtem Tempos einiges an Substanz gekostet hatte. Gleichwohl stellte ich mich noch ein bißchen am Straßenrand in die Sonne, um den anderen Wanderern beim Finish zuzuschauen.
Abends im Hotel erfuhr ich dann gegen halb zehn, daß die 4daagse wegen der erschreckenden Bilanz des ersten Tages abgebrochen wurden. Ich schaute daraufhin jede verfügbare Nachrichtensendung und erfuhr, daß die Orga kurz vor den Todesfällen beschlossen hatte, auch am zweiten Tag die Strecke ungekürzt wandern zu lassen. Zu dem Frust über den Abbruch der Veranstaltung kam dann auch noch eine gehörige Portion Unverständnis über diese Vorgehensweise. Ich hatte, insbesondere nach dem Walking Day in Köln, nie geglaubt, daß mich eine Wanderveranstaltung euphorisieren könnte. Der Eindruck, den ich an diesem einen Tag von der Veranstaltung bekommen habe, war aber so positiv, daß ich im nächsten Jahr garantiert wieder dabei bin.

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