Samstag, 23. Juni 2007

Von einem der auszog, das Schlendern zu lernen - P-Weg 09.09.2006

Grau ist alle Theorie....Geplant war ein entspannter Kurzurlaub mit zwei netten Foris mit einem etwa 21 Kilometer langen Spaziergang zwischendurch. Der erste Teil des Plans hat funktioniert - daß aus Teil 2 nichts wird, war mir spätestens klar, als wir in Plettenberg ankamen und an jeder Straßenecke zu spüren war, was für ein begeisterndes Sportereignis hier am Wochenende wieder stattfinden würde. So gingen wir am Freitag zur Startunterlagenausgabe und ich hörte mich sagen: "Ich bin für HM gemeldet, würde mich aber gerne für den Marathon ummelden. Geht das?" Es ging!


Bei gefühlten 0 Grad im Schatten stellten Kurt und ich uns am Samstag direkt vorne im Walkerstartblock auf, um zu verhindern, daß wir auf den ersten 2 Kilometern den Stöckchen-Hürdenlauf vollführen müssen, den ich aus dem letzten Jahr noch in schmerzlicher Erinnerung hatte. Zur Einstimmung auf den Wettbewerb gab es eine unmißverständliche Ansage des Veranstalters zum Thema "Laufen bei Walking-Veranstaltungen", der an die Fairness jedes Starters appellierte und darauf hinwies, daß im letzten Jahr ein "Walker" gnadenlos ausgepfiffen worden war, weil er die Strecke, für die er gemeldet war, unmöglich in seiner Zielzeit gewalkt sein konnte.


Kurz nach dem Startschuß gaben Kurt und ich erst einmal richtig Gas und als wir die erste Steigung erreichten, hatten wir schon einen ansehnlichen Abstand zum übrigen Walkerfeld. Die erste Steigung bewältigten wir problemlos in gleichmäßigem Tempo. Oben wurden wir belohnt durch viele jubelnde Zuschauer und den Blick auf eine überdimensionierte lila Kuh. Durch die Steigung war uns ein bißchen warm geworden und wir waren uns einig, daß es eine gute Idee war, sich trotz der Kälte am Start was Leichteres anzuziehen. Es ging gut voran, nur ein einziger Nordic Walker ließ sich nicht abschütteln. Es gibt drei Dinge, die mich in den Wahnsinn treiben: Laubpuster am Samstagmorgen, tropfende Wasserhähne und klackernde Nordic Walking-Stöcke, die sich allmählich von hinten nähern. So verabschiedete ich mich von Kurt und versuchte in ruhigere Gefilde zu flüchten. Gut 5 Minuten später konnte ich dann wieder die Ruhe des Plettenberger Sauerlands genießen...

Bei Kilometer 8 kam die knackigste Steigung der gesamten Strecke - fast 300 Höhenmeter am Stück. Wie im letzten Jahr, hatte man am Beginn der Steigung den dezenten Schriftzug "Bergwertung" angebracht. Nachdem ich meiner Zunge die ca. zehnte Bißwunde zugefügt hatte, sah ich das erlösende Schild "Ende Bergwertung". Auf der Steigung traf ich einige Läufer, die ich bereits im Vorjahr an dieser Stelle überholt hatte und mit denen ich dann fortan wieder das Spiel "An der Steigung überhol ich Dich, beim Abstieg überholst Du mich" spielen konnte. Wir hatten sehr viel Spaß dabei... Bei Kilometer 13 versperrte ein Holzfäller-LKW fast den kompletten Weg, so daß ich kaum noch durchpaßte. Ich warf dem Fahrer einen bösen Blick zu und bereute dies sofort wieder, da der LKW sich kurz darauf in Bewegung setzte und mir folgte - ca. 10 Minuten lang. Ich habe in meinem Leben schon angenehmere Momente erlebt. Nach 17 Kilometern war mein Garmin Forerunner der Auffassung, daß er mir jetzt ausreichend lange die exakte Laufstrecke angezeigt hat. Einen Kilometer lang zählte er noch ungenau, dann ein bißchen rückwärts und schließlich gar nicht mehr. Das war fatal, denn die offiziellen Kilometerbeschilderungen waren bei positiver Betrachtung auch nur ein sehr grober Anhaltspunkt.
Kurz nach der Hälfte der Strecke vor einem Aufstieg stand wie im letzten Jahr ein Mann mit einem Tablett voller Schnaps-Pinnchen. Im letzten Jahr als Sportler und Asket hatte ich noch abgelehnt. In diesem Jahr begrüßte ich ihn mit den Worten: "Auf Dich hab ich doch schon die ganze Zeit gewartet.", nahm ein Pinnchen zur Hand, dopte mich und walkte beschwingt weiter. Der Weg war sehr gut ausgeschildert, an jeder Abzweigung saß ein Streckenposten, die Verpflegungsstände tauchten äußerst regelmäßig auf und waren üppig bestückt. Allein der Weg war an vielen Stellen sehr schwierig zu walken, da es äußerst lange Passagen mit großen spitzen Steinen gab. Während im letzten Jahr der Marathon deutlich zu kurz zu sein schien, war in diesem Jahr die Strecke verlängert worden. An der Stelle, an der man im letzten Jahr zum Zielbereich abgebogen war, ging es noch auf einem Waldweg wieder einen Kilometer aus dem Ort heraus und dann durch einen neu gebauten Tunnel wieder zurück. Der Abstieg Richtung Tunnel war die anspruchsvollste Passage, da es steil bergab ging und der Untergrund aus losem Geröll bestand. All diese schwierigen Passagen hatte ich aber unbeschadet überstanden, so daß nur noch eine kleine Schleife durch die Stadt vor mir lag. Da weit und breit kein weiterer Walker zu sehen war, konnte ich mir Zeit lassen und in aller Ruhe die Stimmung genießen. Ein richtiger Marathon war es ja schließlich schon lange nicht mehr, da die Uhr bereits mehr als 5:05 Std, zeigte. Aber was macht so ein Bekloppter wie ich: Er drückt noch mal richtig auf die Tube, unterschätzt die Größe seiner eigenen Füße, fädelt in den Standfüßen der Absperrung ein und macht noch einmal einen richtig schönen Salto vorwärts... - leider nicht sauber gestanden. So erreichte ich dann in deutlich gemäßigter Geschwindigkeit das Ziel nach 5:08:20 Std. pünktlich zum Auftritt der weiblichen Dorfjugend, die zu den Klängen von Shakira tanzte. Danach konnte ich mir das hübsche Finisher-Shirt mit dem Höhenprofil auf der Vorderseite, mehrere Stückchen Streuselkuchen und alkoholfreies Erdinger abholen.

Bei der Siegerehrung drückte ich einer jungen Dame, die gerade in der Nähe der Bühne stand, Andreas Kamera in die Hand, damit sie damit ein paar Fotos macht. Wie sich später herausstellte, hat die junge Dame noch ein paar Fotos mehr gemacht - war nämlich die Fotografin der Westfälischen Rundschau...


Ich bin froh, daß ich mich umgemeldet und mal wieder so richtig Tempo gemacht habe. Dafür werde ich am Dienstag bei der Krankengymnastin kleine Brötchen backen müssen. In Berlin werde ich dann aber definitiv schlendern... Unsere P-Weg-Wohn- und Walkgemeinschaft hat mir äußerst gut gefallen und sollte definitiv im nächsten Jahr wieder aufleben, gerne auch unter Einbeziehung eines Hamburger Sauerländers... Der diesjährige Sieger des Walking-HM hat eine Zeit von ca. 2:30 Std. Der Vorjahressieger, der in diesem Jahr ebenfalls gemeldet war, taucht nicht in der Liste auf. Laut Auskunft der Zeitnehmer wurde ein Teilnehmer der Walking-Veranstaltung wegen fortgesetzten unsportlichen Verhaltens disqualifiziert. P-Weg ... find ich gut!

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