Samstag, 23. Juni 2007

Flucht vor dem Besenwagen - Berlin-Marathon September 2006

Ich war vorgewarnt. Im letzten Jahr bin ich topfit nach Berlin angereist, eine flache schnelle Strecke lag vor mir und gleichwohl verpaßte ich meine bis dahin gültige Bestzeit um sage und schreibe 10 Minuten... Nach dem äußerst gelungenen P-Weg-Marathon war mir nicht ganz klar, ob ich Berlin als gemütlichen Stadtrundgang oder volle Pulle angehen sollte.

Den ersten Fehler machte ich bereits, als ich mir entgegen meiner sonstigen Gewohnheit nur ein karges Frühstück vor dem Marathon gönnte. Auch bezüglich der Frage "Einlagen in den Schuhen" war ich hin- und hergerissen und entschied mich spontan für die wahrscheinlich falsche Lösung. Die Rache für beides sollte nicht lange auf sich warten lassen. Nachdem ich die ersten Kilometer zügig wie gewohnt angegangen war, traf ich bei Kilometer 5 die beiden Hamburger Heikes. Wir wechselten ein paar nette Worte - dann spurtete ich los, um möglichst vor der großen Hitze weit zu kommen. Bei Kilometer 7 traf ich meinen Dauerkonkurrenten Volker, der in einem 7er Schnitt unterwegs war. Noch ging's mir gut und ich überholte auch ihn. Zwischenzeitlich hatte sich ein Walker mit einer Art Skilangläuferstil an mir vorbeigeschlichen. Ich versuchte, mich an seine Fersen zu heften, was mir aber nur kurzfristig gelang. Die Getränkestände waren zwar zu Anfang rechts und links der Strecke postiert, jedoch wie üblich sehr gut besucht. Wie im letzten Jahr hatte ich den Eindruck, daß Läufer, die so um die 5 Stunden angepeilt haben, an Getränkeständen nicht nur Getränke aufnehmen, sondern Pause machen. Es war also Rumgestolper und Slalomwalken angesagt. Bei Kilometer 10 merkte ich, daß ich bezüglich meiner Schuhe die falsche Entscheidung getroffen hatte. Auch mein Geistesblitz "Sind doch nur 42 Kilometer - da kleb ich doch nichts ab..." erwies sich als nicht zutreffend. Fortan zierten zwei Blasen meinen linken Fuß und eine Blase meinen rechten - und zwar schön hinten in der Kurve, wo's besonders viel Spaß macht...

Bei Kilometer 17 merkte ich dann, wie es mir langsam aber sicher ein bißchen zu warm wurde. Ich nahm die Umwelt nicht mehr ganz so intensiv wahr wie sonst und sehnte mich nach Bananen und Iso-Drinks. Am vierten Verpflegungsstand kippte ich schließlich gefühlte 2 Liter Flüssigkeit in mich hinein und verspeiste ca. eine Bananenstaude. Das war der Zeitpunkt, zu dem Volker mit elegant beschwingtem Schritt an mir vorbeispazierte und schnell am Horizont kleiner wurde. Die Halbmarathonmarke passierte ich bei 2:28. Ich war hin- und hergerissen: Sollte ich mich quälen und versuchen, die 5 Stunden zu unterbieten oder sollte ich mir eingestehen, daß dieser Walk nicht zu meinen schnellsten gehören wird und den Rest der Strecke genießen. Ich entschied mich für Lösung Nr. 2 und drosselte mein Tempo auf ca. 7:45 min/km. Trotz der zunehmenden Wärme spürte ich, wie sich mein Körper langsam wieder regenerierte.

Bei Kilometer 30 sah ich Volker wieder. Er hatte auch leider feststellen müssen, daß das gewählte Anfangstempo zu hoch war. Wir legten 1 bis 2 Kilometer gemeinsam zurück - dann schaltete ich wieder einen Gang höher. Bei Kilometer 35 traf ich Meike und Ahkah, die vergnügt davon erzählten, daß sie gerade eine erstklassige Beinmassage hatten. Das heitere Fori-Treffen baute mich auf und machte mich fit für den Endspurt. Ab Kilometer 40 ging quasi alles wie von selbst: Die Strecke war bekannt, das Brandenburger Tor schon aus großer Entfernung zu sehen und die Zuschauerresonanz trägt wirklich jeden ins Ziel. Meine Zeitpläne gingen inzwischen so in Richtung 5:13. Da kam plötzlich noch ein schnell walkender Däne an mir vorbeigeprescht und motivierte mich, auf der Zielgeraden nicht völlig einzudösen. Ich heftete mich an seine Fersen und wir kamen etwa zeitgleich an. Die Zielzeit von 5:11:42 ist meine langsamste bislang bei einem City-Marathon gewalkte Zeit. Daß diese Zeit für Platz 5 reicht, hat mich doch ein wenig erstaunt und mit dem Ergebnis versöhnt. Jetzt freue ich mich erst einmal auf ein paar trainingsfreie Tage und dann beginnt auch schon die Tapering-Phase für den Kölsch-Walk...

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