Dienstag, 22. Juli 2008

Zweitagesmarsch und ganz viel Urlaub

Andrea hat in ihrem Kommentar zu meinem letzten Post geschrieben, dass ich gerne erst ein wenig klage und dann von einer gelungenen sportlichen Leistung berichte. Aus gegebenem Anlass wird das dieses Mal ein wenig anders sein: Erst werde ich vom sportlichen Scheitern berichten und danach noch ein wenig rumjammern.

In der letzten Woche war es endlich so weit. Der sportliche Höhepunkt des Jahres stand an - der Viertagesmarsch in Nijmegen. Zwar ist es nicht wirklich einfach, vier Tage lang jeweils 50 Kilometer zu wandern, aber angesichts des doch recht üppigen Zeitlimits von jeweils 13 Stunden hatten Eddi und ich keine größeren Bedenken, dass das machbar wäre. Um richtig Atmosphäre zu schnuppern, reisten wir bereits früh am Montag an. Irgendwie wirkte es deutlich leerer bei der Startkartenausgabe als noch in den letzten beiden Jahren. Das lag wohl daran, dass einige Wanderer bereits Sonntag ihre Unterlagen abgeholt hatten. Trotzdem reichte die Atmosphäre aus, um so ein angenehmes Kribbeln und gespannte Erwartung zu erzeugen.

Als wir am nächsten Morgen pünktlich um 4 Uhr am Start standen, näherte sich diese Erwartung dem Höhepunkt - und nach 20 Minuten Wartezeit gab es kein Halten mehr. Eddi, Martin und ich waren frisch und voller Tatendrang. So drückten wir gleich ein wenig auf's Tempo - langsamer würden wir mit der Zeit schließlich von selbst. Wie im letzten Jahr waren in den Dörfern am Wegesrand schon jede Menge Leute wach und infizierten die Wanderer mit ihrem Schwung und ihrer guten Laune. Die ersten 30 Kilometer wurden wir von dieser Begeisterung getragen. Danach meldeten sich zumindest bei Eddi und mir erstmalig die Füße ein wenig zu Wort und wunderten sich offenbar, was wir denn jetzt plötzlich für ungewohnte Sachen mit ihnen anstellen. Das Wandern funktionierte aber weiterhin prächtig, wenn auch mit leicht reduzierter Geschwindigkeit. Nach gut 40 Kilometern ging es auf den langen recht öden Deich. Weit und breit gab es keine feiernden Dorfbewohner und die Skyline von Nijmegen schien so schier gar nicht näher zu kommen. Obwohl fuß- und konditionstechnisch bei mir alles in Ordnung war, teilte ich Eddis Verlangen nach einem baldigen Ende der Etappe. Auf den letzten Metern durch Nijmegen wurde es wieder lebhafter und mit neuem Schwung erreichten wir den Zielbereich, in dem wir uns die Startkarte für den zweiten Tag abholten.

Für den zweiten Tag hatten Eddi und ich uns vorgenommen, nicht gleich loszuhetzen, sondern das Zeitlimit mal ein wenig mehr auszuschöpfen. Auch regelmäßige Pausen waren eingeplant. Martin verabschiedete sich sehr bald, da er ein etwas schnelleres Tempo angepeilt hatte. Wir hielten uns an unseren Plan. So marschierten wir mit ca. 5,5 km/h und legten nach 13 und dann nach jeden weiteren 10 Kilometern kurze Pausen ein. Ein wenig fehlten die Motivatoren am Wegesrand, da die Strecke zum einen lange Zeit durch unbewohntes Ödland führte und zum anderen leichter Nieselregen das Zuschauen nicht sehr schmackhaft machte. Eddi merkte sehr bald, dass sie mit der Schuhwahl kräftig daneben gegriffen hatte und die größeren bequemen Schuhe an einem sicheren Platz im warmen Hotelzimmer standen. Bei mir lief alles so weit ganz gut, bis plötzlich nach der dritten Pause bei meiner linken Wade gar nichts mehr ging. Während ich dort vorher maximal ein leichtes Muskelkatergefühl gespürt hatte, machte sie nach der Pause komplett dicht und ich brauchte ca. zwanzig Minuten, bis sie wieder einigermaßen schmerzfrei war - nach der vierten Pause das gleiche Spielchen.

So beschlossen Eddi und ich, nach dem Zieleinlauf besser ohne Pause zum Bahnhof durchzustarten und den Zug zurück zum Hotel zu nehmen. Nach objektiver Beurteilung der Zeitspanne, die wir vom Sitzplatz bis zur Zugtür benötigten, stellten wir übereinstimmend fest, dass man in Nijmegen auch wunderbar Urlaub machen kann, ohne um 2 Uhr aufzustehen und danach 50 Kilometer zu wandern.

Erst zum Finale auf der Via Gladiola erwachte unsere Wanderlust wieder ein wenig. Vom Zielbereich aus gingen wir Martin 7 Kilometer entgegen, um dann zusammen mit ihm den Zieleinlauf zu genießen.

Obwohl wir ohne Orden von diesem Viertagesmarsch zurückgekehrt sind, werden wir uns lange mit Freude an unsere gemeinsamen Tage in Nijmegen zurückerinnern. Eddi konnte ein wenig 4daagse-Luft schnuppern, ohne sich die Freude an dieser Veranstaltung durch Quälerei am dritten oder vierten Tag zu nehmen und es macht einen Riesenspaß, einen Teil der Veranstaltung aus der Zuschauerperspektive zu genießen. Im nächsten Jahr haben Eddi und ich ausreichend Zeit, uns intensiv auf die Veranstaltung vorzubereiten. Dann sind wir sicherlich auch wieder mit dabei, wenn's darum geht, die vierte Startkarte gegen einen Orden einzutauschen und das Wanderbüchlein abstempeln zu lassen.

Bis dahin werde ich auch vielleicht das Rätsel um meine rumzickende Wade gelöst haben. Kurt hatte gemutmaßt, dass meine Bandscheibenvorwölbung sich auf diese penetrante Art wieder in Erinnerung gebracht haben könnte. Da sie in den letzten Jahren aber stets Richtung Oberschenkel ausgestrahlt hatte, habe ich sie nicht so recht in Verdacht. Weitere mutmaßliche Täter sind eine gerade erst überstandene Magen-/Darminfektion kombiniert mit dem bewussten Weglassen meiner täglichen Magnesium-Ration oder eine Schonhaltung des linken Fußes wegen meiner beiden Fersensporne in Kombination mit der (noch nicht ganz erfolgten) Gewöhnung an neue Einlagen. Dass ich ein paar Gramm mehr rumschleppe als im letzten Jahr, scheidet wohl als Erklärung aus, nachdem ich mir die Fotos der Dänemark-Mitstreiter noch mal in aller Ruhe angeschaut habe. Fehlendes Training wäre auch eine Erklärung - allerdings ist eine Trainingsstrecke von insgesamt 1.220 Kilometern in den ersten 6 Monaten dieses Jahres nicht wirklich wenig.

Wie dem auch sei - im nächsten Jahr werden die Karten neu gemischt. Dann werden Eddi und ich sicherlich auch mal in der Woche das eine oder andere Walking-Training einlegen, hierdurch ein wenig an der Gewichtsschraube drehen und auch die Fußgelenk- und Bandscheibengymnastik nicht so sträflich vernachlässigen wie in diesem Jahr. Das wird eine herrliche Zeit... ;-)

Eddis Bericht aus Nijmegen findet ihr hier. Dort findet ihr auch den Link zu Martins und meinen Fotos.

Bis bald
Georg