Montag, 16. Juni 2008

Drink and walk in Dänemark

In diesem Jahr ist alles anders – und so haben Eddi und ich nur einige wenige Wanderveranstaltungen auserkoren, an denen wir teilnehmen wollen. Dass die 62 Kilometer lange Wanderung auf dem Gendarmenweg in Dänemark dazu gehören würde, war uns schon seit langer Zeit klar. Im letzten Jahr hat Eddi dort ihren ersten offiziellen Ultra absolviert und obwohl die Strecke ein paar Meterchen länger ist, kommt nie Langeweile auf, da zum einen die Landschaft sehr abwechslungsreich ist und zum anderen regelmäßige Pausen dafür sorgen, dass man stets nach Lust und Laune seine Kraftreserven auffüllen kann, ohne einen schweren Rucksack tragen zu müssen.

Die Trainingseinheiten in den letzten 2 Wochen gestalteten sich eher übersichtlich, da ich mit den Umzugsarbeiten in unsere Wohnung recht ausgelastet war. Hinzu kam, dass ich seit dem Rennsteiglauf insbesondere beim Bergauf-Walken stechende Schmerzen im linken Fußballen hatte. Nachdem ich mich einige Tage strikt an die Devise „Was von selbst kommt, geht auch wieder von selbst.“ gehalten hatte, habe ich Anfang Juni dann doch mal einen Facharzt konsultiert. Der stellte auch gleich mal zwei große Fersensporne am linken Fuß fest, einen drunter und einen an der Hacke. Die sind wohl dadurch entstanden, dass ich meine Füße leicht schräg halte und obendrein noch seit geraumer Zeit mit einer ausgenudelten Einlage rumlatsche. Er ließ mich jedoch nicht mit der Auskunft ratlos zurück, sondern verschrieb mir gleich Hightech-Einlagen mit Senkfußstütze, Weichbettung und weiteren Schikanen. Mittwoch vor der Dänemark-Wanderung waren die Teilchen fertig. Erste Gehversuche im Orthopädieshop machten mir keine große Hoffnung auf Besserung, da die Pelotte dermaßen in den Mittelfuß stach, dass ich nur rumhinken konnte. Der Fachmann hinter der Theke sah das ganz locker und versprach mir, dass ich mich beizeiten wieder richtig wohl beim Gehen fühlen würde. Und tatsächlich: Auf dem Heimweg wurde bei jedem Schritt das Drücken der Pelotte geringer. Ich beschloss, die Einlagen gleich in Dänemark einzuweihen.

Anders als im letzten Jahr hatten wir uns dieses Mal für die Nacht vor der Wanderung gegen eine Übernachtung auf dem harten Boden der Turnhalle der Bülowschule Sonderborg entschieden. Das hatte den Vorteil, deutlich bequemer schlafen zu können und den Nachteil, bereits um vier Uhr aufstehen zu müssen, da wir vom Quartier bis zum Start des Transferbusses noch ungefähr zwanzig Minütchen fahren mussten. Klappte aber alles ganz vorzüglich und Punkt viertel sechs saßen wir mit den übrigen Wanderverrückten im Bus nach Padborg. Zur Einstimmung auf das wechselhafte dänische Wetter, das uns erwartete, gab es einen malerischen Sonnenaufgang mit Regenbogen. Einige Wandergesellen sahen noch Nachholbedarf beim Carboloading und so floss bereits kurz vor halb sieben der Inhalt der einen oder anderen Dose Bier durch ihre Kehlen.

Am Startpunkt hörten wir noch eine kleine Ansprache auf Dänisch und Deutsch, die zeitlich so dimensioniert war, dass mein Forerunner gerade ausreichend Gelegenheit hatte, in der dänischen Wildnis genügend Satelliten für eine exakte Streckenmessung zu finden. So zeigte das Display sage und schreibe 400 gewanderte Meter an, als es zum ersten Mal bergan ging und ich einen ersten stechenden Schmerz in der linken Hacke spürte. Bei den nächsten Steigungen versuchte ich, den Fuß ein bisschen schräger oder auch mal weniger schräg aufzusetzen, kleinere oder größere Schritte zu machen oder das Tempo zu variieren – brachte aber alles nicht besonders viel. So legte ich bei der ersten Pause nach gut 5 Kilometern meinen Kopf zutiefst frustriert auf Eddis Schulter und bemühte mich, meinen Gefühlen ausnahmsweise mal keinen freien Lauf zu geben. Ich nahm mir vor, zumindest irgendwie den ersten Teil der Strecke durchzuhalten und nach dreißig Kilometern auszusteigen.

Nach gut 10 Kilometern wurde es höchste Zeit fürs Frühstück. Zwei Tassen Kaffee und vier halbe Brötchen taten enorm gut. Anders als im letzten Jahr hatte uns das Wetter bis hierhin richtig verwöhnt, und wir konnten auf den bereit gestellten Plastikstühlen die Morgensonne genießen. Es folgte ein abwechslungsreicher Weg durch Dünen, über Sand, durchs Gras und über kleine Steinchen. Das schien auch meinem linken Fuß zu gefallen, denn er machte sich zusehends weniger bemerkbar.

Nach gut 20 Kilometern frischte der Wind auf und dunkle Wolken zogen heran. Martin betrachtete mit kritischem Blick meinen Billig-Regenponcho, bekam spontan Mitleid und lieh mir für den Rest des Wegs seinen Nobelüberwurf. Kurz darauf schüttete es auch schon wie aus Eimern. Anders als im letzten Jahr wurde der Regen jedoch nicht unser dauerhafter quälender Begleiter, sondern kam nur mal kurz aber heftig auf Stippvisite vorbei. So kam auch die Gymnastik nicht zu kurz: Regenponcho an, Regenponcho aus, Windbreaker an, Windbreaker aus, Regenponcho einpacken, ach nee, doch nicht…

Kurz vor Kilometer 30 erreichten wir Grasten, wo uns ein üppiges Mittagsmahl (belegte Brote mit Fisch, Ei, Tomaten und Frikadellen) erwartete. Da Fisch angeblich schwimmen muss, durfte auch ein kleiner Aquavit nicht fehlen. An Aussteigen verschwendete ich zu diesem Zeitpunkt keinen Gedanken mehr, eher schon an den wohltuend kühlenden Nachtisch im Hörnchen.

Die nächsten Etappen flogen nur so vorbei. Eddi, Martin und ich hatten keine Probleme, stets kurz hinter der Spitzengruppe zu wandern. Wir genossen den Blick aufs Wasser und das entspannte Wandern durch malerische Landschaften. Der Einzige, der etwas zu moppern hatte, war mein Forerunner. Ein kleiner Teil des dänischen Wetters war offenbar in ihn eingedrungen und sorgte dafür, dass das Display immer zwischen den verschiedenen Anzeigemasken hin und her sprang. Das Drücken sämtlicher Knöpfe ignorierte er beharrlich. So wartete ich auf den Moment, in dem der Akku die 10-Stunden-Marke erreichte und die Blinkerei ein Ende hatte.

Nach der Rast bei gut 47 Kilometern durfte jeder sein eigenes Tempo wandern. Martin startete gleich durch und absolvierte den Rest der Strecke zusammen mit dem schnellen Wanderer, der uns bereits im letzten Jahr bei unserem Endspurt begleitet hatte. Eddi und ich dehnten die letzte Rast auch nicht über Gebühr aus, entschieden uns aber für ein deutlich moderateres Tempo, da noch ein paar Herausforderungen auf uns warteten. Zunächst mussten wir anderthalb Kilometer über ein mit großen Steinen übersätes Stück Strand gehen. Obwohl die Sehnen und Gelenke bei der Gelegenheit reichlich zu tun hatten, hielt sich mein Fuß wider Erwarten richtig wacker. Erst bei den fünf steilen Dünenaufstiegen meldete er sich wieder ganz dezent – durfte er aber auch, denn schließlich lagen zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich mehr als 50 Kilometer hinter uns.

Als wir wenig später einen schier endlosen Weg am Strand entlang wanderten, hatten Eddi und ich erstmals das Gefühl, dass es schön wäre, bereits im Ziel zu sein. Besonders diabolisch an diesem Teil der Strecke war die Tatsache, dass man die Windmühle, die sich neben dem Ziel befindet, schon seit geraumer Zeit sehen konnte, sie aber nie so richtig näher kam, da wir erst einmal eine zu diesem Zeitpunkt riesig wirkende Bucht umrunden mussten. So einigten wir uns gerne darauf, in diesem Jahr mal auf den Endspurt zu verzichten.

Als wir an der Schule ankamen, wartete ein regenerierter und entspannter Martin auf uns. Er war bereits seit fünfzig Minuten im Ziel und hatte ausreichend Zeit, sich die ausliegenden Prospekte der nächsten 100er und 24-Stunden-Läufe anzuschauen. Solche Ambitionen habe ich in absehbarer Zeit nicht. Die Dänemark-Wanderung war wie im letzten Jahr ein richtiges Highlight und hat trotz meiner anfänglichen Zipperlein Mut für den Viertagesmarsch in Nijmegen gemacht. Schließlich habe ich jetzt noch einen Monat Zeit, mich an die offenbar doch sehr guten Einlagen zu gewöhnen und dann mit frischen Kräften die steigungsarmen Strecken in den Niederlanden anzugehen – und völlig unabhängig davon, wie gut oder schlecht ich den Marsch absolvieren werde, wird die Zeit Mitte Juli sowieso ein Fest für mich, da ich zehn Tage am Stück zusammen mit Eddi verbringen kann. ;-)

Dienstag, 3. Juni 2008

Dieser Weg...

Nach langer Zeit möchte ich mal wieder ein paar Zeilen bloggen. Viele schöne lange Wochenenden liegen hinter Eddi und mir, ein kurzweiliger Rennsteig-Halbmarathon und entspannende Kanalwanderungen durch Südfrankreich.


Das Walken und Wandern ist jedoch in den letzten Wochen ein wenig in den Hintergrund gerückt, da Eddis Rückkehr nach Deutschland zwar noch so gnadenlos weit weg ist, aber doch mit jedem Tag ein Stückchen näher kommt. So haben wir die Gelegenheit beim Schopf gepackt und uns eine kleine schnuckelige Eigentumswohnung zugelegt, die ausreichend Platz für 4 Bewohner bietet. Da ich in den letzten Monaten bei der Aufzucht von Zimmerpflanzen jedoch jämmerlich versagt habe, wird sich Eddi voraussichtlich vornehmlich um die Versorgung ihrer beiden gefiederten Lieblinge kümmern.


Vor den Genuss der neuen Wohnung hat der Allmächtige jedoch den Schweiß gesetzt - und weil ich gerade noch so gut in Übung bin, was umziehen angeht, habe ich auch schon jede Menge Kleinkram rübergeschafft. Morgen kommt ein Umzugsunternehmen und hievt mal ein paar größere Teile rüber. Bin ja mal gespannt, wie das Gesamtergebnis dann hinterher ausschaut. Was jedoch alle Mühen mehr als aufwiegt, ist die Aussicht, in gar nicht so ferner Zukunft eine hübsche gemeinsame Wohnung mit der tollsten Frau der Welt beziehen zu dürfen.