Montag, 3. Dezember 2007

Frühling in Toulouse - 30.11. - 03.12.2007

Die Wintersaison hat begonnen. Draußen ist's nass und windig und die Atemwege danken es einem, wenn man mal den einen oder anderen Abend vor der Heizung verbringt. Walking-Training ist zwar grundsätzlich eine schöne Sache, aber ohne Frostbeulengefahr macht's halt mehr Spaß. Immerhin hatte ich bereits in der letzten Woche eine kleine Trainingseinheit eingestreut, indem ich vom Essener Weihnachtsmarkt nach Hause gewandert bin. 15 Kilometer sind zwar nicht die Masse, aber schon mal ein guter Anfang, um die Knochen beweglich zu halten.

Glücklicherweise begann am letzten Freitag ein weiterer Kurzurlaub in Südfrankreich, wo mich quasi paradiesische Walking-Verhältnisse erwarteten: Eddi hatte ebenfalls von Freitagmittag bis Montagmittag frei und das Thermometer zeigte deutlich mehr als 10 Grad an. Kaum hatten wir den Wochenend-Einkauf erledigt, waren wir auch schon auf der Piste. Wir erinnerten uns daran, dass es eine hervorragende Eisdiele in Blagnac gibt und wanderten die Garonne entlang gen Norden, begleitet von einem lauen Lüftchen und hell funkelnder Weihnachtsbeleuchtung. Nachdem wir die süße Belohnung für den erfolgreich absolvierten Hinweg ausgiebig genossen hatten, ging es am anderen Ufer der Garonne zurück nach Toulouse, vorbei an einem mit Weihnachtsbeleuchtung überfrachteten Kirchturm und abwechselnd blau und rot funkelnden Bäumen. So legten wir nicht nur die ersten 15 Kilometer des Wochenendes zurück, sondern wurden auch gleich intensiv auf die bevorstehende Weihnachtszeit eingestimmt.


Samstag gönnte sich das Wetter einen kleinen Ausrutscher. Neben knapp 10 Grad gab es fast den ganzen Tag feinen bis kräftigen Nieselregen. Unserer wiedergewonnenen Walking-Begeisterung tat dies jedoch keinen Abbruch. Tapfer gingen wir Richtung Bahnhof bis zum Canal du Midi und von dort aus am Kanal entlang Richtung Süden. Anfangs begleitete uns eine Hauptverkehrsstraße. Nachdem wir die Umgehungsstraße überquert hatten, wurde es aber merklich ruhiger. Hin und wieder trafen wir einen Läufer - Walker waren weit und breit nicht zu sichten. Während wir Toulouse langsam aber sicher hinter uns ließen, verwandelte sich auch der Weg, der am Kanal entlangführte - erst Asphalt, dann Schotter und schließlich durften wir ein paar unfreiwillige Skating-Versuche auf frisch angerührter Matsche absolvieren. Das Profil unserer Sohlen wurde zwar hierdurch deutlich dicker, aber auch etwas schwammig... So beschlossen wir, den nächst möglichen Schleichweg in Richtung besiedelten Gebiets zu nehmen. Dies erwies sich jedoch als keine sehr gute Idee, da uns am Ende dieses Weges ein nicht angeleinter Zähne fletschender Hund erwartete, dessen Sprache wir zwar nicht verstanden, der aber offenbar recht unerfreuliche Dinge zum Besten gab. Glücklicherweise stand Menschen verfolgen und zerfleischen nicht auf seinem Programm. So konnten wir unbehelligt weiter in Richtung Ramonville skaten. Dort angekommen, enterten wir den nächsten Supermarkt und wärmten uns ein wenig auf. Da der Regen zwischenzeitlich stärker geworden war, wählten wir für den Rückweg nach Toulouse befestigte Straßen. Nachdem wir uns abends vor der Heizung wieder hinreichend aufgewärmt hatten, rekonstruierten wir mittels Zirkel und Landkarte unsere Tour und kamen auf 19 Kilometer.

Wenn die Wanderlust zurückkehrt, kann man gar nicht mehr so schnell damit aufhören, insbesondere nicht, wenn man beim sonntäglichen Gang zur Boulangerie von der warmen südfranzösischen Herbstsonne angelacht wird. Und da Toulouse und die angrenzenden Dörfer noch jede Menge Strecken bieten, die wir noch nicht erwandert haben, führte uns der Weg nach Colomiers.

Ich hatte mich die Tage vorher schon die ganze Zeit gefragt, wo denn wohl das Viertel von Toulouse ist, in dem Randalierer in der Woche vorher Autos angezündet hatten. Auch auf diesem Weg fand ich keine Antwort auf meine Frage...


Unser Weg führte entlang der Garonne nach Norden, durch ein Industriegebiet und dann schnurstraks auf eine Hochhaussiedlung zu. Glücklicherweise gibt es in Colomiers allerdings noch deutlich schönere Ecken. So entdeckten wir am Ortsrand idyllische Neubaugebiete mit den unterschiedlichsten Baustilen, alte Kirchen und herbstliche Landschaften.


Auch die französische Straßenverkehrsplanung ist uns inzwischen so in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir selbst als Fußgänger die landestypischen Eigenheiten für jede sich bietende Abkürzung nutzen.


Da uns das Wetter begeisterte und wir nach dem 10-Kilometer-Hinweg guter Dinge waren, schlugen wir auf dem Rückweg ein paar zusätzliche Haken, rätselten in einem Neubaugebiet, das offenbar nach dem Druck unseres Stadtplans entstanden war, wo wir denn so her müssen und freuten uns darüber, dass wir noch bis zum späten Nachmittag in T-Shirt wandern konnten.


Als wir abends über die hell erleuchtete Uferpromenade zu Eddis Wohnung zurückwanderten, hatten wir weitere 23 Kilometer zurückgelegt. Ideen für weitere Touren in den nächsten Wochen gibt es genug - schließlich hatten wir von Colomiers aus schon mal einen kleinen Blick auf die gar nicht weit entfernten Pyrenäen erheischen können. Wenn wir dort die eine oder andere Wanderung machen, können wir ja das Auto so lange am Wegesrand parken - da passiert schon nichts mit...