Mittwoch, 27. Juni 2007

Rothaarsteig Halbmarathon am 15.10.2005 - Bericht von Martin

Ich habe bei LA den Bericht von Martin über den Rothaarsteig-Halbmarathon 2005 entdeckt. Bei diesem Halbmarathon sind wir uns erstmalig begegnet und er hat mich in die Welt der Internetforen entführt. Liest sich besonders mit knapp 2 Jahren Abstand richtig lustig:


Bericht

Am 15.10.05 war es so weit; der zweite Rothaarsteigmarathonmorgen begann mit strahlendem Sonnenschein. Bei der ersten Veranstaltung vor einem Jahr hatte es noch in Strömen geregnet. Statt 200 Teilnehmern wurden jetzt über 800 Läufer NW und Walker erwartet. Die Walkerfraktion war dabei zahlenmäßig mit über 200 Startern zum ersten Mal zugelassen und am stärksten vertreten. Das Profil hat es dort in sich, ordentlich HM waren zu überwinden. Informationen über die technischen Daten gibt es auf der Homepage des Veranstalters. Doch nur zur Veranstaltung selbst. Angekündigt per PM war Heike von den KLR Runners und von Lebowski (Alexander) wusste ich auch das er kommen wollte. Kurz vor dem Start traf ich auch die total entspannte Heike mit ihrem KLR Logo auf dem Bauch. Warmmachen wollte sie 10 Minuten vor dem Start nicht, die Strecke sei ja lang genug. Man musste sie förmlich zum Sportplatz drängen wo sich alle schon warmmachten.

Um 12 Uhr fiel der Startschuss für die Marathonis. Die Favoriten sind auf einem der Bilder vor dem Start schon einmal in Pose gegangen. 15 Minuten später gingen dann die HM Läufer und Walker an den Start. Auf meine Anregung hin mussten die mit den Stöcken hinten starten, beabsichtigt war andersrum weil man dachte die NW wären ja schneller. Nach dem Start ein ganz schönes Gedrängel auf den ersten paar hundert Metern. Ich konnte mich gleich etwas von der Walkerfront absetzten und befand mich zwischen den HMLäufern als dann so nach 1km am ersten steilen Anstieg jemand sehr fix walkend, leicht vorgebeugt an mich ranzog. Es sollte der spätere Gewinner sein. Wir wechselten ein paar freundliche Worte.

Er:"Letze Woche habe ich noch den Brocken gemacht, Berge machen mir nichts aus"

Ich: "Ich habe vor zwei Wochen noch 2 Marathons in Fulda gemacht. Was brauchst du denn so für den HM im Flachen?"

Er: " So 2.16 bzw 2.14"

Ich " Bisher so 2.19 bzw. 2.21 in Berlin und Marathon?"

Er: "So 4.45"

Ich" So 4.57"

ER:" Ja dann sind wir wohl ziemlich eine Kragenweite"..sprachs und verschwand ganz langsam aber sicher beim steilsten Anstieg der Strecke.


Von da ab befand ich mich immer im Feld der langsamen HM Läufer. Immer das gleiche Spielchen. Bergauf hatte ich die Überhophasen. Sobald sie wieder gerade oder bergab traben konnten zogen sie wieder vorbei. Manche habe ich dabei wohl 5 Mal überholt. Alles verlief soweit gut. Verfolger bei den Walkern waren weit und breit nicht zu sehen. Nun gut wird es eben ein sportlich erkämpfter zweiter Platz sagte ich mir. Der Abzeig auf der Kammhöhe war in diesem Jahr verlegt. Der Veranstalter hatte so nebenbei erwähnt, dass die Strecke etwas länger sei in diesem Jahr. Später stellte sich raus, dass das 1,5 km mehr waren. Der Abstieg war dadurch weniger steil als im letzten Jahr, was ganz angenehm war. Unten im Ort Latrop nach ca. 15 km warteten schon meine Eltern auf mich. Mein Vater hatte wie besprochen die Zeit gestoppt die zwischen dem Ersten und mir lag. Es waren so 4,5 Minuten die sich bis ins Ziel dann auch nicht verringert hatten. Eine weiterer Walker wurde dort zwischen dem Ersten und mir nicht gesehen und ich wurde auf der ganzen Strecke auch nicht von einem Walker überholt. Um so mehr war ich dann überrascht als mir beim Einlauf auf dem Sportplatz vom Kontrollposten zugerufen wurde. Du bist dritter! Ich: Nee kann nicht sein ich bin zweiter. Er: doch da war noch einer der ist zwar gelaufen, war aber als Walker registriert. Im Ziel meinte der Sprecher bei der Zielankunft das da der "dritte bzw der zweite Walker nach unserer Meinung eintrifft". Na gut dachte ich mir warten wir es ab. Der Erste begrüßte mich auch gleich neben meinen Eltern und meiner Schwester im Ziel der ominöse Zweite ward nicht gesehen. Mir wurde erzählt, das der zweite zu beginn des Sportplatzes angefangen habe zu Laufen und dies auch die ganze Runde über bis ins Ziel vor aller Augen so weiter gemacht habe. Der Ansager sei irritiert gewesen nach dem Motto: "Da kommt jemand der als Walker gemeldet ist aber der läuft ja."Ich versuchte vor der Siegerehrung noch rauszukriegen ob ich nun als zweiter oder dritter gewertet würde aber alle waren irgenwie so im Stress bzw. meine niemand jetzt etwas an der Wertung ändern zu müssen. Nun gut es war nicht das erste Mal das ich so etwas erlebte. Allerdings hatte das so offenkundig noch nie jemand gemacht. So kam es das ich dann leicht säuerlich auf dem Podest stand. Zumindest haben wir alle den gleichen Pokal bekommen. Ach ja die Zielzeit bei mir war 2.34 wie im Vorjahr, durch die längere Strecke aber ca. 10 Minuten schneller. Mister Walkingläufer verschwand dann ganz schnell nach der Ehrung so dass wir das nicht mehr persönlich unter Männern regeln konnten. Ich fand es halt unsportlich und insbesondere für den dritten der nun gar nichts abgekam und mit dem ich auch vorher gesprochen hatte und für mich doch etwas ärgerlich. Ist aber alles Freizeitsport und kein Olympia und jeder muss das am Ende selbst bewerten wir er es mit sowas hält. Doch genug mit gemeckere so schlimm ist es auch nicht letztlich zählt die persönliche Leistung und der Spaß am Sport.

Was gab es noch? Insgesamt wieder ein gut organisierte Veranstaltung. Ausreichende Verpflegung, gute Ausschilderung, schöne Sponsorgeschenke (jeder kriegt Falkesocken, da ist die Startgebühr fast schon wieder drin!)Nette Leute kennengelernt. Alexander (Lebowski), der im letzten Jahr super abgeschnitten hatte musste sich diesmal mit Krämpfen plagen und war nicht ganz zufrieden. Gut das der Ansager ihn mit Nr.7 vom Verein Laufen-aktuell ankündigte, sonst hätte ich ihn noch übersehen. Heike war sportlich sehr zufrieden, kurz vorher hatte sie ja schon einen Marathon gelaufen und wollte nur mal so probieren wie ein Bergmarathon so ist... Nur hinterher war sie leicht angesäuert weil ihr Motorrad umgefahren war und sie dadurch noch ihre Altersklassensiegerehrung verpasste.


Zum Walkingsieger noch ein paar Daten für die Leute die meinen mit walken könne man ja nicht so gut abnehmen und auch für die Leute die meinen nur mit NW Stöcken und dem damit verbundenen "effizienten Training" könne man abnehmen. Der gute Mann aber den Bildern mit der NR 929 hat vor zwei Jahren 150kg gewogen! Im April hat er mit Jeans und Regenjacke seinen ersten Marathon im 5h Bereich gemacht, in diesem Sommer dann zehn Marathonveranstaltungen, in der Regel unter 5h...Training ohne Stöcke zwischen 50-100km die Woche.Tja Leute gibts, Hut ab.Der Sieger kam auf dieser bergigen Strecke schon mit 2.45 ins Ziel der Vorjahressieger folgte eine viertel Stund später.Ausserdem (auch auf dem Fotos) Herr Wimmer, Gewinner des Transeuropalaufs Lissabon-Moskau, als dritter in seiner AKSo das war er der Bericht, im Anhang noch die Fotos. Ich würde mich freuen wenn im nächsten Jahr noch ein paar Foris mehr kommen.

Sonntag, 24. Juni 2007

10-Kilometer-Walk light - Brückenlauf Düsseldorf 24.06.2007

Nach dem gemütlichen 60-Kilometer-Walk am letzten Wochenende stand heute das Kontrastprogramm auf der Tagesordnung - der 10-Kilometer-Walk beim Brückenlauf in Düsseldorf. Wie gewohnt trieb mich das Wettkampffieber wieder viel zu früh an den Ort des Geschehens. Obwohl ich mich erst um 9:45 Uhr mit einigen Foris treffen wollte, war ich bereits gut eine Stunde vorher an der Rheinuferpromenade. So hatte ich ausreichend Zeit, mich nachzumelden und den Sonnenschein mit leichter Brise zu genießen.

Ich schlenderte über die Promenade und erinnerte mich an meinen zweiten Marathon, den ich vor gut 2 Jahren hier absolviert hatte. Besonders gut erinnerte ich mich an den Moment, als ich mich bei Kilometer 28 die Rheinbrücke hochschleppte, während direkt darunter die ersten Läufer beim Zieleinlauf begrüßt wurden. Knapp zwei Stunden und einen Gewitterschauer später erreichte ich ebenfalls das Ziel. Ein ähnliches Erlebnis war heute nicht zu befürchten, da ja nur ein ungleich kürzerer Walk auf dem Programm stand.


Langsam füllte sich der Start- und Zielbereich. Mein Dauerkonkurrent Volker steuerte zielsicher auf mich zu und machte damit letzte Hoffnungen, daß er verhindert sei und ich heute langsam machen könne, zunichte. Er erzählte, daß er gestern in Duisburg am Mittsommernachtswalk teilgenommen hätte und heute noch ein wenig unpäßlich sei. Ich glaubte ihm kein Wort.


Das Fori-Treffen war äußerst kurzweilig. Es war schön, Reni, Quirli und Thomas nach langer Zeit wiederzusehen. Ich war sehr angenehm überrascht, als sich auch Mik zu uns gesellte, die ich schon seit langem von ihren Beiträgen aus dem Forum kenne, die ich aber trotz der geringen Entfernung bislang noch nie gesehen habe.

Die Walker sollten fünf Minuten nach den Läufern um 10:50 Uhr starten. So band ich nach dem ersten Startschuß noch mal in aller Seelenruhe meine Schuhe auf, um die Socken ein allerletztes Mal zu richten, als der Starter auch schon sagte: "So, damit der Abstand nicht zu groß wird, können die Walker jetzt direkt auch schon starten." Ich band mir die Schuhe in Rekordzeit wieder zu - ist doch egal wie die Socken sitzen. Die Dixi-Tür flog auf und auch Volker drängte es zur Startlinie. Statt einem Startschuß sagte der Starter "Na dann macht mal...". Volker und ich ließen uns das nicht zweimal sagen und setzten uns umgehend an die Spitze des Feldes, während die letzten Läufer vor uns langsam größer zu werden schienen.

Kurz vor der ersten Brücke stand ein Streckenposten, der uns mit der Nachricht überraschte, daß wir Walker doch die Abkürzung über die Fahrradspindel hoch zur Brücke nehmen sollten. Wie sich später herausstellte, kürzten wir so 500 Meter ab. Da die 10 Kilometer aus zwei Runden bestanden, walkten wir somit insgesamt nur 9 Kilometer. Vielleicht hatte man sich beim Orga-Team gedacht, daß 10 Kilometer zu weit seien (das kann man nicht walken..).

Volker hatte doch nicht tiefgestapelt. Irgendwie wirkte er nicht fit und hatte nach einem Kilometer bereits einen beträchtlichen Rückstand. Mein Forerunner signalisierte mir, daß ich gut gestartet war. Aus einem guten 6er Schnitt wurde bei Kilometer 2 und 4 ein knapper 6er Schnitt. Am anderen Rheinufer wurden wir zusätzlich durch leichten Rückenwind motiviert. Auf der zweiten Rheinbrücke überholten mich Reni, Angelika und Roland. Sie waren überrascht, daß ich nach ihnen gestartet war, mich nun aber vor ihnen befand. Von der geheimen Walker-Abkürzung wußten sie ja nichts.

Nach 4,5 Kilometern ging es das erste Mal durch den Zielbereich. Mir ging es äußerst gut und ich konnte mein Tempo fast konstant halten. Als ich den Streckenposten fragte, ob wir denn in der zweiten Runde wieder die Abkürzung nehmen sollen, schreckte er auf und murmelte irgendwas von "Mit Dir habe ich ja noch gar nicht gerechnet." Nach dem ersten Schock schickte er mich aber wieder auf die Fahrradspindel. Auf diese Weise überholte ich wieder unbemerkt hunderte Läufer.

Ein letztes Mal ging es am anderen Rheinufer entlang. Ein Läufer tätschelte meine Schulter und ließ mich wissen, daß er das richtig klasse fände, wie schnell ich walke. Er wäre am 13.05.2007 beim Ruhrmarathon gestartet und da hätte es doch tatsächlich einen Walker gegeben, der mit 4:51 ins Ziel gekommen sei. Nachdem ich ihm gesagt hatte, wer das war, kamen wir noch ein Weilchen miteinander ins Gespräch.

Auf der letzten Rheinbrücke war ein Hauch von Murmeltiertag angesagt: Reni, Angelika und Roland überholten mich und fragten sich, wie ich das Hase- und Igel-Spielchen wohl hinbekommen hätte. Ich berichtete ihnen von der (ab dann nicht mehr) geheimen Walker-Abkürzung.

Den letzten Kilometer legten wir auf der Zielgeraden zurück. Thomas hatte seine Fotoausrüstung dabei und schoß ein paar herrlich-furchterregende Action-Fotos. Herzlichen Dank dafür! Ich versuchte einen kleinen Endspurt; viel Energie war aber nicht mehr da. Ich überquerte die Ziellinie mit 55:40. Die gesamte Ergebnisliste findet ihr unter http://www.frielingsdorf-datenservice.de/ergebnisse/2007/brueckenlauf/W_All.pdf


Insgesamt war der Brückenlauf eine gelungene Veranstaltung mit einem schönen Streckenverlauf und einer Zeit, mit der ich äußerst zufrieden bin. Als kleinen Mangel empfand ich es schon, daß man den Walkern einen Kilometer geklaut hat, insbesondere da hierfür kein Grund erkennbar war. Das zweistündige Warten auf die Urkunde war nicht wirklich schlimm, da stets einige Foris zugegen waren, die die Wartezeit kurzweilig werden ließen. Wenn im nächsten Jahr zeitgleich nichts anderes ansteht, werde ich gern wieder an dieser Veranstaltung teilnehmen.

Samstag, 23. Juni 2007

Überraschend anders - Gendarmenmarsch Dänemark am 16.06.2007

Das Leben ist bunt und abwechslungsreich und hält positive wie negative Überraschungen bereit. Seitdem ich versuche, positive Erlebnisse als Motivationshilfe zu nutzen und trotz negativer Erlebnisse meinen Optimismus zu bewahren, empfinde ich mein Leben von Tag zu Tag als lebenswerter. An dem Wochenende Mitte Juni wird mir dies ganz besonders bewusst, da ich vor genau 2 Jahren meinen ersten Walking-HM gewonnen habe und vor genau einem Jahr von meinem Arzt ziemlich direkt darauf hingewiesen wurde, dass ich mich damit abzufinden habe, künftig Sportinvalide zu sein.


Eigentlich wollte ich in diesem Jahr ein drittes Mal zum Mittelrhein-Marathon nach Koblenz fahren und durch eine erfolgreiche Teilnahme am HM die düsteren Gedanken des Vorjahres bis auf weiteres vertreiben. Aber da das Leben ja so bunt, abwechslungsreich und voller Überraschungen ist, kam es natürlich anders: Martin schlug vor einigen Wochen vor, zusammen mit EDDI und mir die Just-for-fun-Tour 2007, die wir mit unserem gemeinschaftlichen Mauerwalk eingeläutet hatten, fortzusetzen. Da der Mauerwalk insbesondere durch meine beiden Mitwalker zum mit Abstand schönsten Erlebnis während meiner Zeit als Walker geworden war, zögerte ich keinen Moment zuzusagen.


Freitag morgen traf ich mich zunächst mit EDDI am Hamburger Hauptbahnhof. Zur Einstimmung wanderten wir ein wenig an der Alster auf und ab. Die trainierenden Läufer, die Kilometermarkierungen für eine Laufveranstaltung, die gerade aufgebaut wurden und die ersten Regentropfen des Wochenendes wurden zur perfekten Einstimmung auf das, was uns am Samstag erwartete. Während EDDI einen anderen Termin hatte, gönnte ich mir in diesem unbeobachteten Moment bereits vor Mittag mein erstes Eis – hat zum Glück keiner gesehen und erfährt auch hoffentlich niemand… Gegen halb vier trudelten wir bei Helga und Martin ein. Der Kuchen, der zum Kaffee gereicht wurde, beugte ein erstes (aber nicht letztes) Mal an diesem Wochende der Unterzuckerung vor... Martins Arbeitskollege Michael deutete an, dass er wohl noch nicht allzu oft 60 Kilometer mittels eigener Füße zurückgelegt habe, sah aber recht zuversichtlich aus. Kurz vor 17 Uhr wurde es Zeit, nach Sonderborg aufzubrechen, da wir ungefähr 2 Stunden zu fahren hatten und auf gar keinen Fall die 10-Kilometer-Warm-Up-Strecke, die um 19 Uhr begann, verpasssen wollten. EDDI vergaß daher für einen kurzen Moment, dass sie einen Polo fährt und düste in Spa-Francochamps-Qualifying-Geschwindigkeit gen Norden. Pünktlich um 18:50 Uhr kamen wir an der Sporthalle, die zugleich Startpunkt, Startkartenausgabe, Nachtquartier, Kneipe und Restaurant war, an. Schnell angemeldet, Sachen in die Ecke geworfen, umgezogen, Forerunner vergessen und los ging’s mit der 10-Kilometer-Wanderung. Über saftig-nasse Wiesen mit einem malerischen Blick auf’s Wasser ging’s Richtung Sonderborg, durch den Ort und dann die direkte Strecke zurück. Das Tempo war moderat und nach 6 Kilometern wurde die obligatorische Pause eingelegt. Zunächst tranken wir, wie viele Dänen mit uns, jeweils ein Bier. Dann erspähte ich ein giftgrünes Getränk, das sich bei näherer Betrachtung als pervers süße Waldmeisterlimonade entpuppte. Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft…



Zurück in der Schule, richteten wir erst einmal unsere Schlafstätten für die kurze Nacht. Nach ein bis zwei Bier, drei grünen Limos, drei Stullen mit Käse, Schokokuchen und einer Familienpackung Waffeln hatten wir die nötige Bettschwere erreicht. Als absoluter Camping-Neuling hatte ich mich dafür entschieden, zur Polsterung eine papierdünne Iso-Matte unter den Schlafsack zu legen. Ich glaube, bequemer wäre es nur gewesen, auf dem Schwebebalken zu schlafen. Da machte es auch nichts aus, die gesamte Nacht einem Hobbywaldarbeiter beim Fällen der dänischen Wälder zuzuhören…


Vier Uhr morgens war die Nacht zu Ende. Das Licht wurde angemacht. Um die beiden verfügbaren Toiletten entbrannte ein Wettstreit ähnlich dem Spiel „Reise nach Jerusalem“. Währenddesssen stellte ich mich ratlos vor die High-Tech-Duschanlage und versuchte herauszufinden, welcher der gefühlten 87 Hebel den Wasserfluss in Gang setzt. Knapp 5 Minuten später war ich schlauer und stellte durch geschicktes Drehen eines unscheinbaren Hebels alle 4 Duschen gleichzeitig an. Dann wurde es auch schon Zeit, wieder die Socken-Diva zu spielen und mehrere Modelle probeweise anzuziehen. Die Auswahl des Sportschuhs fiel da schon leichter, denn ich hatte, um Platz zu sparen, nur ein Paar mitgenommen. Die Einlagen waren noch vom Vortag dezent angefeuchtet und mir wurde klar, dass es mir herzlich egal sein kann, ob es regnen würde oder die Wiesen noch feucht sind.


Um 6 Uhr wurde losgewandert. Die ersten Kilometer zogen sich wie Kaugummi. Es wurde ein 11-Minuten-Schnitt angeschlagen, der Himmel war grau und es regnete sich langsam ein.

Allein die Aussicht auf Wälder, Felder und das Wasser spendete Motivation. Alle paar Kilometer machten wir an den reichlich vorhandenen Toilettenanlagen kurz Rast. Nach 2 Stunden oder 10 Kilometern wurde es Zeit für eine Frühstückspause. Es gab Schnittchen, Kaffee und für den geneigten Gourmet ein kleines Bierchen mit 12 Gramm Alkohol/Flasche… Als Sitzgelegenheiten befanden sich auf dem Begleitfahrzeug diverse Klapphocker, die nach Benutzung weiter transportiert wurden zur nächsten Rast. Jeweils im Stundentakt gab es eine kurze, im Zweistundentakt eine längere Pause mit Verpflegung. Gegen 12 Uhr, als wir ca. die halbe Strecke zurückgelegt hatten, wurden etwas größere Häppchen (Frikadellchen und Fisch) als Mittagessen gereicht. Damit man in der Folgezeit kein Problem mit Fischgeschmack im Hals hat, ging die Flasche Aquavit herum und sorgte dafür, dass es erstmals am Samstag so richtig warm wurde.

Nach der großen Pause lief es besser. Wohl wissend, dass wir die Hälfte der Strecke hinter uns haben, wurde gleich ein etwas zügigeres Tempo angeschlagen. Es hörte auf zu regnen und die Sonne ließ sich sogar eine kurze Weile sehen. Ich versuchte, zusammen mit EDDI und Martin an der Spitzengruppe dranzubleiben. Kurzweilige Gespräche vertrieben auch mental die letzten dunklen Wolken. Da irritierte es auch nur am Rande, dass sich der Himmel langsam wieder zuzog und der Regen erneut begann. Nach 40 Kilometern wurde die Strecke freigegeben. Jeder durfte so schnell marschieren, wie er wollte. EDDI, Martin und ich schworen Michael feierlich, dass wir ihn nicht in Dänemark zurücklassen würden und klemmten uns an einen älteren Herrn, der gleich einen knappen 8:30er Schnitt angeschlagen hatte. Auf einer 3 Kilometer langen Hürdenlaufstrecke über dicke Steine holten wir ihn ein. Es ging weiter durch hohe nasse Wiesen, Hügel rauf, Hügel runter, durch Sand und schließlich über angenehm zu laufenden Waldboden.

http://www.youtube.com/watch?v=TfG3A1KY7Zo


An der drittletzten Steigung beschloss EDDI, dass wir jetzt genug geschlichen seien. Ansatzlos verschärfte sie bei Kilometer 56 das Tempo und zeigte uns alten Säcken mal, wozu der Nachwuchs so beim vierten Ultra in 1 1/2 Monaten in der Lage ist. Nach diversen Schrecksekunden versuchten wir, langsam wieder aufzuholen, ohne uns dabei auf die Zunge zu treten. Die letzten beiden Steigungen nutzte Martin, um mal ein paar kleine Filmchen von zwei übermotivierten Ultrawalkern zu machen. Er hat aber versprochen, da ganz diskret mit umzugehen und sie nicht groß im Bekanntenkreis rumzuzeigen. In diesem Zusammenhang fällt mir ein: Er erwähnte das Wort „Youtube“. Weiß jemand, was das ist?

Kurz vor 19 Uhr nach 60 zurückgelegten Kilometern erreichten wir relativ frisch und gut gelaunt die Sporthalle. Nach einer heißen Dusche fühlten wir uns wieder wie neu geboren. Da wir doch recht zügig unterwegs waren, mussten wir ca. 2 Stunden warten, bis die letzten Wanderer im Ziel waren und es ein gemeinschaftliches Abendessen gab. Kurz nach 23 Uhr kamen wir nach einem erlebnisreichen Tag wieder in Hamburg an. Auch Teil 2 der Just-for-fun-Tour 2007 hatte dieser Bezeichnung alle Ehre gemacht.



Aus nostalgischen Gründen habe ich am nächsten Tag mal mein Mittelrhein-HM-Shirt aus dem Vorjahr angezogen. Darauf steht das Motto der Veranstaltung „Gib Deinen Sinnen freien Lauf.“ Im Internet habe ich gesehen, dass der Drittplazierte aus dem Vorjahr den Mittelrhein-HM in diesem Jahr mit über 2:22 Stunden gewonnen hat. Ich habe kurz geschmunzelt und war froh und glücklich darüber, dass ich meinen Sinnen freien Lauf gebe, meine Prioritäten jetzt anders setze als noch vor 12 Monaten und mein Leben jetzt so abwechslungsreich und überraschend verläuft…

Kleiner Walk am Kemnader Stausee - 07.06.2007


Vor gut einem Jahr sprach mich Jublu an, ob ich nicht bei den Kemnade Lake Runners mitmachen wolle. Die Idee, zusammen zu trainieren und bei Wettkämpfen mit- und füreinander zu laufen, fand ich klasse und bin seitdem überzeugter Kemnader. Leider war ich in den letzten Monaten nicht oft am See, da mein Doc im letzten Juni meine Läuferkarriere für beendet erklärt hat und der berüchtigte Kemnader 7er Schnitt nicht unbedingt die Wohlfühlgeschwindigkeit beim Walking-Training darstellt.


Da ich in den letzten Wochen zunehmend Gefallen daran gefunden habe, in Gesellschaft zu walken, wollte ich heute zur dritten gemeinsamen Runde um 9 Uhr am See sein. Vor lauter Vorfreude schlang ich mein Frühstück in Rekordzeit runter und stellte erfreut fest, daß ich auch noch die 2. Runde um 7.45 Uhr schaffen konnte. Kaum angekommen, liefen bereits Sarah und Ralf mit einer hochmotivierten Wiky an der Leine auf mich zu. Ich gesellte mich zu ihnen und schon ging's los. Ich bemühte mich, die Geschwindigkeit anzuschlagen, die ich so nach Gefühl für einen 7er Schnitt halten würde. Herr Forerunner teilte meine Auffassung nicht und hörte nicht auf, irgendwas von 6:45 zu erzählen. Wiky war auch noch putzmunter und bremste uns nicht wirklich aus. Besonders wenn andere Hunde am Horizont auftauchten, entwickelte sie sich mehr um mehr zur Zugläuferin 6er Schnitt... Nach 3 Kilometern hatte sich unser Schnitt bei 6:50 eingependelt - bergauf ein bißchen langsamer, bergab ein wenig schneller. Es war zwar kaum ein Wölkchen am Himmel, aber eine sanfte Brise sorgte für die nötige Erfrischung. Nach knapp einer Runde trafen wir auf unsere 9-Uhr-Starter, die uns schon ein wenig entgegengekommen waren. Fortan zogen 7 Läufer/innen und ein Walker ihre Bahn um den See. Das muß ein lustiges Bild abgegeben haben, denn viele entgegenkommende Läufer und Walker hatten ein hintergründiges Lächeln auf dem Gesicht. Überhaupt wurde auf der Runde um den See häufig gelächelt, gegrüßt und freundlich Platz gemacht. Auch daß wir Teile der Strecke auf dem Fahrradweg zurücklegten, schien so recht keinen zu stören.


Mitte der zweiten Runde an der Brücke fing ich dann erstmals an zu kämpfen. Ein paar hundert Meter lang gab es Gegenwind und die Gewißheit, jetzt nur noch zum Parkplatz laufen bzw. walken zu müssen, hatte uns ein wenig beschleunigt. Zusätzlich war die Sonne jetzt komplett herausgekommen und sorgte für wenig Schattenpassagen. Kurz vor der letzten Brücke erspähte ich meine Lieblingsstelle an Kemnader See - zwei EISWAGEN im Abstand von wenigen Metern. Aber zu früh gefreut: Frei nach dem Motto "Erst die Arbeit, dann das Spiel" passierten wir diesen sakralen Ort, ohne ihn eines Blickes zu würdigen... Ralf tat kund, daß wir nur noch einen Kilometer bis zum Parkplatz zurücklegen müssen. Wiky war platt. Nicht einmal das beliebte NW-Spiel "Hol's Stöckchen" hätte sie jetzt mehr begeistern können. Olli und Stephan machten einen kleinen Endspurt, während Sarah ein Auge darauf hatte, daß der KLR-Quotenwalker nicht noch auf den letzten Metern einbricht. Glücklich und zufrieden beendete ich meine 20,24 km-Trainigseinheit in 2:17:59.


Mein Fazit: Es war zwar kein Training im Fettverbrennungspuls , aber es hat sehr viel Spaß gemacht, zusammen mit Gleigesinnten ein paar Runden um den Tümpel zu drehen. Wenn ich mal ausnahmsweise an keiner Veranstaltung teilnehme, werde ich gerne wieder mit dabei sein...

Das schönste Ziel der Welt - Rennsteig HM 2007

Zwei Wochen nach dem Mauerwalk und eine Woche nach dem Marathon durch mein Heimatdorf folgte am letzten Wochenende ein weiteres Highlight - meine erste Teilnahme beim Rennsteiglauf. Ich hatte lange überlegt, für welche Strecke ich mich entscheiden soll, da außer den drei Laufstrecken auch noch diverse Wanderstrecken angeboten wurden. Da ich jedoch nicht in der Mitte von Nirgendwo fernab der Hauptstrecke durch den Thüringer Wald walken wollte, hatte ich mich für den Läufer-HM entschieden. Ich bezog mein Quartier in Suhl und holte bereits am Freitag die Startunterlagen in Oberhof ab. Bei der Gelegenheit traf ich Birgit, Mandy und Frank und wir beschlossen, das Wochenende erst einmal gemütlich in einem Cafe zu beginnen. Die ernährungstechnische Vorbereitung auf die Anforderungen des nächsten Tages wurde schließlich ab 18 Uhr im Hotel Gastinger in größerer Fori-Runde fortgesetzt.

Samstag morgen kam ich ca. eine Stunde vor dem Start in Oberhof an. Es war noch Zeit für ein schnelles Frühstück nebst koffeinhaltigem Suchtmittel. Dann gab ich alle potentiell wärmende Bekleidung am LKW ab und konnte mich fortan in aller Ruhe davon überzeugen, daß die Kombination kurze Hose/Laufshirt Mitte Mai um 7 Uhr morgens sich nur bedingt für einen längeren Aufenthalt im Freien eignet. Im Startbereich sammelten sich immer mehr Läufer. Zur Motivation wurde Gute-Laune-Musik gespielt. Auch der obligatorische Schneewalzer durfte nicht fehlen. Damit es am Start nicht zu unnötigem Gedränge kommt, hatte man drei Starts in jeweils 6 Minuten-Abständen angesetzt. Ich reihte mich ganz hinten in die letzte Gruppe ein und beim dritten Startschuß um 7.42 Uhr ging's los. Die ersten zwei Kilometer legten wir auf der Straße zurück - dann ging es auf schmale Waldwege. Bei Kilometer 3 begann die erste richtige Steigung. Das war für eine große Menge Läufer aus meiner Startgruppe das Signal zum Einstreuen der ersten Gehpause. Hierdurch knubbelte sich das Feld ein wenig und es entstand ein ziemlicher Rückstau. Ein paar unentwegte Läufer versuchten nun doch, den Anstieg im Laufschritt zu bewältigen und entschieden sich für die Offroad-Variante über Wurzeln und slalom um die Bäume. Ich hängte mich walkend hintendran. Bei Kilometer 7 sah ich plötzlich neben jubelnden Zuschauern ein Schild stehen, auf dem sinngemäß stand, daß wir uns jetzt am höchsten Punkt der Strecke befänden. Ich genoß die schöne Aussicht und fragte mich, warum ich von den ganzen Höhenmetern fast nichts mitbekommen hatte.

Ab jetzt folgte der schönste Teil der Strecke. Die Aussicht blieb phantastisch, der Weg ging dezent bergab und ich konnte die nächsten Kilometer ohne größeren Kraftaufwand zügig und entspannt walken. Bei Kilometer 15 mußten wir noch einmal einen kleinen Hügel erklimmen. Das Feld hatte sich aber inzwischen so weit entzerrt, daß es jetzt keine Probleme mehr beim Überholen gab. Mit der Gewißheit, daß es danach fast nur noch bergab ging, gab ich hier mal richtig Gas. Zur Belohnung gab's dann am direkt danach folgenden Getränkestand ein Wasser mehr... Ab Kilometer 16 standen Kilometerangaben an der Strecke - ein wahrhaft nützlicher Service für Leute, deren Forerunner eine temporäre Satellitenallergie hat... Ich rechnete aus, daß ich gut in der Zeit lag und genoß den Rest des Walks. Der Zieleinlauf in Schmiedefeld war einfach unvergeßlich. Das brauche ich ab jetzt regelmäßig alle 12 Monate...

Nach dem Walk genoß ich erst einmal ausgiebig die mannigfaltigen kulinarischen Höhepunkte im Zielbereich und fühlte mich dabei die ganze Zeit nicht so, als wenn ich gerade einen Halbmarathon hinter mir hätte. Verwundert starrte ich auf die ausgedruckte Urkunde, auf der 2:20:54 zu lesen war - mein bislang schnellster Landschafts-HM. Anders als bei anderen Veranstaltungen war der Tag glücklicherweise nicht mit dem Zieleinlauf beendet. Nachmittags konnte man sich noch einmal in aller Ruhe mit netten Foris unterhalten, ehe der Abend mit einer stimmungsvollen Party in Festzelt zu Ende ging.

5 Städte - ein Ziel: Ruhrmarathon 13.05.2007


Vor gut 2 Jahren anlässlich des Ruhrmarathons hatte ich den Plan, ein einziges Mal in meinem Leben an einem organisierten Marathon teilzunehmen, mir das Finisher-Shirt abzuholen, den Chip abzugeben und fortan wieder gemütlich ohne jeden Zeitdruck alleine durch die Gegend zu wandern. Irgendwie scheint das nicht so funktioniert zu haben…


Am 13.05.2007 um 7:30 Uhr fuhr ich zum Start nach Oberhausen, um dort meinen 25. Marathon in Angriff zu nehmen. Ich war etwas unsicher, ob ich in der Lage sein würde, das richtige Tempo zu finden, da mein letzter Marathon der Röntgenlauf Ende Oktober 2006 gewesen war und ich seitdem zwar viele weite Strecken gewalkt war, jedoch keinerlei Tempotraining absolviert hatte. Je mehr Läufer, Walker und Skater eintrafen, desto „ruhiger“ wurde ich. Ich walkte von Startblock A zu Startblock E und wieder zurück, zuppelte gefühlte 150 mal meine Socken zurecht, schnürte die Schuhe mal fest, mal ein bisschen lockerer und schaute alle 2 Minuten auf die Uhr. Dies legte sich erst, als mein Schwesterchen eintraf, die sich für den Walking-HM angemeldet hatte und mich mit ihrer guten Laune ansteckte.


Punkt 9 Uhr erfolgte der Startschuss und da in diesem Jahr längst nicht so viele Teilnehmer gemeldet waren wie vor 2 Jahren, dauerte es nur knapp 6 Minuten, bis ich die Startlinie hinter mir hatte. Da mir jegliches Geschwindigkeitsgefühl abhanden gekommen war, walkte ich wie ein Irrer den ersten Anstieg hinauf und passierte das 1-Kilometer-Schild bei knapp 6 Minuten… Kurz darauf traf ich Jo. Wir wechselten ein paar freundliche Worte miteinander und ich verabschiedete mich von ihm in der Hoffnung, dass wir uns das nächste Mal in aller Ruhe bei einer gemütlichen Pasta-Party unterhalten können. Die Strecke durch Bottrop war gesäumt von gut gelaunten Zuschauern, die die Läuferschar lautstark anfeuerten. Auf dem Weg nach Gladbeck wurde es wieder ein bisschen einsamer. Mein Kilometerschnitt hatte sich inzwischen bei gut 6:15 eingependelt und mir ging es richtig gut, insbesondere in dem Moment, als ich bei Kilometer 13 meine laufende Kollegin vor mir sah. So richtig traute ich mich nicht, sie zu überholen, da sie mir am Freitag noch angedroht hatte, mich umzubringen, falls ich die Dreistigkeit besitzen würde, an ihr vorbeizuwalken… Zu meinem großen Erstaunen war sie gar nicht entsetzt, mich bereits so früh zu sehen. Dann rief sie mir noch ein paar aufmunternde Worte hinterher. Kurz vor der Gladbecker Innenstadt bemerkte ich noch einen letzten Walker vor mir. Ich schloss zu ihm auf und sah an seiner Startnummer, dass er für den HM gemeldet war. Er erklärte mir, dass er vorwiegend Lauftraining macht und nur sporadisch walkt. Er versuchte, sich einige technische Finessen bei mir abzuschauen und mutmaßte: „Wenn ich das richtig sehe, muss man beim Walken den Körper also leicht vorbeugen.“, worauf ich entgegnete: „Das hat mit Technik nicht viel zu tun. Das liegt eher daran, dass es hier bergauf geht und ich am Limit walke.“ Daraufhin beschloss er, einen kleinen Zwischenspurt einzulegen, den ich nicht mitging. Schließlich hatte ich ja noch mehr als 25 Kilometer zurückzulegen.


In der Gladbecker Innenstadt war richtig Party. Ich traf jede Menge Bekannte, die mich anfeuerten und mir noch eine Extraportion Motivation mit auf den Weg gaben. Süße Lügen wie „Georg, Du siehst gut aus.“ drangen an mein Ohr. Die Strecke zum HM-Ziel nach Gelsenkirchen-Buer war schön abschüssig und ließ sich angenehm walken. Meine HM-Durchgangszeit lag bei 2:16:09. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, dass ich deutlich zu schnell angegangen war und das noch bitter bereuen werde. Der HM-Einlauf in Buer war äußerst schlecht organisiert, da die Marathonis Slalom durch die austrudelnden Halbmarathonis laufen und walken mussten. Wahrscheinlich wollte man sicherstellen, dass die Marathonis noch ein letztes Mal so richtig viel Gesellschaft haben, ehe sie sich auf die 8 Kilometer lange öde Hauptstraße nach Gelsenkirchen begeben… Ich war ja durchaus darauf eingestellt, dass nach den Ergebnissen des letzten Bundesliga-Spieltags in der Nähe der Schalker Arena keine gute Laune herrscht, aber dass man außer ein paar versprengten Marathonis so schlicht gar keinen mehr zu Gesicht bekommt, hat mich doch leicht irritiert. So hatte ich in aller Ruhe Zeit, mich mental mit meiner Blase unter dem linken Mittelfuß zu beschäftigen, die dort bei Kilometer 10 entstanden war und offenbar langsam größer wurde. Wahrscheinlich hatte ich vergessen, mir vor dem Start noch einmal die Socken richtig gerade zu ziehen...


Gefühlte Stunden später bei Kilometer 29 erreichten wir den Come-Together-Point in Gelsenkirchen, bei dem die Oberhausen-Starter und die Dortmund-Starter zusammentreffen, um dann gemeinsam Richtung Essen zu laufen. Ich genoss den regen Zuschauer-Andrang nach der Einöde, die Cheer-Leader und die Dortmund-Starter, die dafür sorgten, dass es auch auf der Strecke wieder etwas lebhafter wurde. In Essen passierten wir diverse einladend aussehende Eiscafes und ich dachte kurz darüber nach, als kleine Motivationshilfe für den restlichen Weg drei Kugeln im Hörnchen mitzunehmen. Kurz nachdem mich der 4:45-er Zugläufer eingeholt hatte, begann der brutale Teil der Strecke. Die Essener Ortsteile mit den sinnigen Namen KATERnberg und STOPPenberg hatten ein paar kurze knackige sowie ein paar langgezogene Steigungen zu bieten, und zwar beginnend bei Kilometer 34 – just dort, wo üblicherweise der Mann mit dem Hammer sein Domizil hat. Danach ging es wellig weiter bis Kilometer 39 und dann noch 2 Kilometer langgezogen bergauf. Irgendwo auf diesem Stück hörte der Marathon schlagartig auf, schön zu sein. Ich war deutlich langsamer geworden und sehnte das Ziel herbei. Nach dem letzten Anstieg ging es mir plötzlich richtig gut. Ich sah die Markierung für den letzten Kilometer, es ging nur noch bergab, die Straße war gesäumt mit jubelnden Zuschauern, aus dem Boxen dröhnte „The final countdown“ und meine Augen wurden ein wenig feucht, obwohl mir schon länger kein Schweiß mehr hineingelaufen war – seltsam… Ich erreichte das Ziel nach 4:51:20 und war äußerst zufrieden. Wenig später konnte ich dann auch meine Kollegin in die Arme schließen. Um mein Leben fürchtete ich dabei nicht mehr…


Beim Urkundendruck sah ich hocherfreut, dass auf meiner Teilstrecke kein Walker schneller war. Auf der Dortmunder Teilstrecke hatte ein Walker eine Zielzeit von gut 4:50. Da er jedoch für die erste Hälfte knapp drei Stunden gebraucht hat und die Zwischenzeit für 30 und 40 Kilometer fehlt, gehe ich davon aus, dass er einen Weg ins Ziel kannte, den ich nicht gefunden habe…

160 Kilometer just for fun - Berliner Mauerwalk Mai 2007

Ende Juli 2006

Bis vor wenigen Tagen war ich zusammen mit Martin in Nijmegen, um den dortigen Viertagesmarsch zu absolvieren, der jedoch nach dem ersten Tag abgebrochen wird. Ich reise für ein paar Tage kurzentschlossen in meine Lieblingsstadt, um dort ein paar Tage zu entspannen. In Lübars schlendere ich bei strahlendem Sonnenschein durch die Felder, als mir an einem Radweg das unscheinbare Schild „Berliner Mauerweg“ auffällt. Der Weg sieht einladend aus und der Blick auf den Fernsehturm, der erreichbar nah, aber doch weit genug weg erscheint, macht Lust auf einen kleinen Walk… Der Fernsehturm wird stetig größer und ich bemerke immer mehr Mauerweg-Schilder. Sollte es gar möglich sein, die komplette ehemalige Mauer abzuwandern. Wie weit mag das sein? Je mehr ich mich dem Fernsehturm nähere, desto mehr begeistert mich der Gedanke…

November 2006

Ich habe mich selbst überredet, den Mauerweg in Etappen abzuwandern. Dies hat nicht sehr lange gedauert. Ich beschließe, Mitstreiter zu suchen und stelle meine Idee bei LA und Mitwalken.de vor. Zu meiner großen Freude finden sich schnell potentielle Mitwalker. Harriersand verlinkt eine kleine Fotoserie von einem anderen Mauerweg-Lauf und sorgt dafür, dass ich binnen weniger Tage im Zug Richtung Berlin sitze, um mir den Weg schon mal testweise live anzuschauen. Getreu meinem Motto „Schnell angehen und dann langsam eingehen“ wandere ich den Weg in der Dosierung 67-40-34-20 ab. Aufgrund meines überragenden Talents für Timing gelingt es mir dabei, die optisch reizvollste Siedlung (Invalidensiedlung) im Stockdunklen zu durchqueren. Gut gemacht, Georg!

März/April 2007

Der Beginn der Walking-Saison ist völlig missraten. Ich schleppe mich trotz des hervorragenden Wetters von Erkältung zu Erkältung. Den 6-Stunden-Lauf in Rotenburg breche ich ab; der Halbmarathon in Berlin funktioniert nur mit angezogener Handbremse. Ich bin deprimiert und meine Vorfreude auf den Mauerwalk sinkt rapide.

02.05.2007

Nach 4 Stunden Fahrt trifft mein ICE in Berlin ein. Es ist strahlender Sonnenschein. Ich sehe das sich spiegelnde Licht in der Kuppel des Reichstags, das Brandenburger Tor, den Fernsehturm. Hier werden wir starten und hoffentlich nach 4 Tagen wieder wohlbehalten ankommen. Wir, das sind Eddi, Martin und ich. Eine angenehme Nervosität stellt sich ein und verdrängt allmählich die trüben Gedanken der letzten Wochen. Ich checke im Hotel ein und besuche Martin und Helga in der Regenbogenfabrik. Wenig später gesellt sich Eddi zu der kleinen Runde. Beim Inder füllen wir die Kraftreserven für die nächsten Tage auf. Eddi erzählt, welche Umfänge ihr bisheriges Walking-Training so hatte. Für einen kurzen Moment huscht mir der Gedanke durch den Kopf, dass ihre Teilnahme am Mauerwalk doch sehr ambitioniert ist.

03.05.2007
Punkt 9 Uhr treffen wir uns am Brandenburger Tor. Im Hinterkopf haben wir immer noch die vage Hoffnung, dass sich noch der Eine oder Andere zu uns gesellen wird. Dieser Gedanke verblasst jedoch mit der Zeit. Helga möchte offenbar möglichst entspannte Walker-Gesichter auf die Speicherkarte der Kamera bannen – und welcher Zeitpunkt eignet sich hierzu besser als der Beginn der ersten Etappe.


Wir beginnen den Walk in entspanntem Tempo und gehen Richtung Potsdamer Platz. Obwohl Neubauten die Straße säumen, ist hier an jeder Ecke die Geschichte der Teilung Berlins gegenwärtig. Die Mauerreste, der Checkpoint Charlie und vor allem der auf dem Boden mit zwei Pflasterreihen markierte Verlauf der Mauer rufen in Erinnerung, wie es hier bis 1989 ausgesehen hat. Vorbei an der East Side Gallery, an der das größte relativ unversehrte Stück Mauer erhalten ist, erreichen wir Kreuzberg. Die ersten 6 Kilometer haben wir nun absolviert – das schreit nach einem üppigen zweiten Frühstück. Wir setzen uns in den Schatten und genießen den jungen Tag. Ich erschrecke mich für einen kurzen Moment darüber, wie groß doch ein Bagel sein kann. Dann besinne ich mich aber darauf, wie weit wir heute noch wandern werden und habe somit nicht mehr den Hauch eines schlechten Gewissens, mich so hemmungslos vollzustopfen.


Nach einer guten halben Stunde brechen wir voll neuer Energie wieder auf. Helga verabschiedet sich von uns und wird fortan einen relaxten Tag erleben. Wir wandern weiter Richtung Britz und kommen auf den langen geraden Straßen langsam auf Betriebstemperatur… Die Strecke ist nicht sonderlich attraktiv, da es an der Hauptstraße und ab Britz auch ein ganzes Stück an der neuen Autobahn entlanggeht. Mangels anderer optischer Reize an der Strecke können wir in aller Ruhe beobachten, wie auf der anderen Seite des Kanals ein Kraftwerk abgerissen wird – einfach idyllisch… Eddi beschließt offenbar, dass das die ideale Strecke sei, um mal ein bisschen Tempo zu machen. Martins und meinen Einwand, ob wir nicht ein bisschen gemütlicher gehen sollten, kontert sie mit den Worten „Wenn das zu schnell für Euch ist, kann ich auch gerne ein wenig langsamer walken.“ Spätestens jetzt wird mir klar, dass wir viel Spaß haben werden.


An der Stelle, an der die Autobahn noch nicht fertig ist, werden wir auf eine andere Hauptstraße umgeleitet. So fällt die Suche nach einem Lidl oder Aldi zur Auffüllung unserer Getränkevorräte nicht schwer. Martin und ich präsentieren eine Folge aus der Serie „Essen wie unsere Vorfahren“ und verschlingen in Rekordzeit jeweils ein fettiges Bratwürstchen mit Senf…


Nachdem wir den Flughafen Schönefeld passiert haben, verlassen wir endlich die Hauptstraßen und lernen fortan einen kleinen Teil der Hundepopulation Berlins kennen. Der Mauerweg hat Fahrradwegbreite und verdeutlicht an dieser Stelle besonders eklatant den Übergang von Land zu Großstadt. Links sehen wir Pferdeweiden, rechts Hochhaussiedlungen. Wir wandern weiter und merken uns für später schon mal das „Mauerblümchen – Treff für die reifere Jugend“ vor. Um sicherzustellen, dass wir Eddi nicht um die Erfahrung ihres ersten Marathons bringen, schlägt Martin noch einen kleinen Umweg über einen Hügel namens „Dorfblick“ vor. Oben angekommen haben wir einen herrlichen Panoramablick auf die Stadt mit dem weit entfernt liegenden Fernsehturm sowie auf ein mehrköpfiges Filmteam, dessen geschäftiges Tun uns bis zur Abreise rätselhaft bleibt. Man erkennt rege umherlaufende Leute, einen Kameramann, aber keine Schauspieler. Der erste Eindruck, dass am Hügelrand ein Gebüsch gewackelt hätte, entpuppt sich als Fata Morgana. Beim Abstieg versuchen wir, den Weg ein wenig abzukürzen und landen vor einem Zaun mit Warnschildern vor irgendeiner selbst mir als Hypochonder nicht bekannten Krankheit. So umrunden wir erneut den Hügel und beschließen unsere Etappe nach 43,1 Kilometern in Lichtenrade. Da nach einer solchen Strecke eine Fußmassage richtig gut tut, wandern wir die letzten Meter Richtung Bahnhof auf Kopfsteinpflaster – einfach herrlich. Martin und ich gratulieren Eddi zu ihrem ersten Marathon. Die Etappe endet mit einem vielbeachteten gemeinschaftlichen Stretching-Programm in der S-Bahn.


04.05.2007

Relativ frisch und voller Tatendrang treffen wir uns am Bahnhof Lichtenrade. Wir kaufen Verpflegung für unterwegs und gönnen uns noch einen letzten Kaffee. Es geht weiter auf dem fahrradwegbreiten Kolonnenweg. Nach wenigen Kilometern treffen wir Hans, der ein Stück mit uns läuft und uns die markanten Stellen des Mauerwegs zeigt. Besonders malerisch ist die Kirschbaumallee, in der 800 Kirschbäume ihre Blütenpracht gerade entfalten. Nach 13 Kilometern denkt Hans für einen kurzen Moment laut darüber nach, ein Eiscafe aufzusuchen – und schon sitzen wir drin und schlemmen ein wenig.
Danach erklärt uns Hans, wie wir zurück auf den Mauerweg kommen und verabschiedet sich von uns. Es hat großen Spaß gemacht, mit einem so humorvollen und angenehmen Gesprächspartner einen Teil des Weges zurückzulegen. Es geht weiter am Teltowkanal entlang. An dieser Stelle gibt es an beiden Seiten des Weges Wohnbebauung. Wir durchqueren einen Wald und überqueren die Autobahn am ehemaligen Grenzkontrollpunkt Dreilinden. Dann erreichen wir Babelsberg. Am Griebnitzsee machen wir eine ausgedehnte Rast und sichten erst einmal unsere kleineren und größeren Blessuren. Martins Füße sind zart wie die Füße eines Neugeborenen, meine Füße sind durch die porösen Laufschuhe schwarz wie die Nacht, aber ohne sichtbare Wunden, Eddi hat sich ein paar Blasen unterschiedlicher Größe gelaufen. Mir geht durch den Kopf, dass es sehr schade wäre, wenn sie den Mauerwalk wegen dieser Blessuren abbrechen müsste.

Nachdem alles verklebt und verarztet ist, geht es munter weiter. Wir besichtigen das etwas heruntergekommene Schloß Babelsberg von außen und erklimmen einen Hügel, um eine recht nichtssagende Sternwarte zu umrunden. Die Sternwarte, die Martin uns eigentlich zeigen wollte, ist in Potsdam, wie wir anschließend erfahren. Unsere Wegweiserin gibt uns mit auf den Weg, dass das aber sehr weit weg sei und man das unmöglich zu Fuß erreichen könne. Wir befolgen ihren Ratschlag und gehen vorbei an der Glienecker Brücke und der Pfaueninsel nach Wannsee. Der letzte Anstieg beseitigt die letzten Illusionen, dass diese Etappe weniger anstrengend werden könne als die erste. Nach 43,1 Kilometern, davon die letzten 2 Kilometer an einer grässlich lauten Hauptstraße, erreichen wir den Bahnhof Wannsee.

05.05.2007
Am dritten Tag ist besonders pünktliches Treffen angesagt. Die Fähre von Wannsee nach Kladow fährt nämlich nur einmal pro Stunde. So beginnt der Tag mit einem relaxten Sonnenbad an Deck der Fähre. Nach Kladow verläuft der Weg durch den Wald vorbei an einem See nach Groß Glienecke. Die Häuser am Ufer sind beeindruckend groß und in faszinierend unterschiedlichen Baustilen. Durch die Rieselfelder gibt es zwei unterschiedliche Streckenführungen – den direkten Weg an der Hauptstraße entlang und den Zickzack-Kurs querfeldein. Angesichts der Tatsache, dass wir uns heute über 46 Kilometer vorgenommen haben, entscheiden wir uns für die direkte aber unattraktive Route. Wir erreichen Staaken und Martin macht uns den Umweg über die Gartenstadt schmackhaft. Dort gibt es malerische hervorragend restaurierte Altbauten. Zum Dank und mangels anderer qualifizierter Kandidaten ernennen wir ihn spontan zum Kulturbeauftragten. So viel Kultur macht hungrig und wir schließen nach kurzer Zeit Freundschaft mit einer Bäckereifachverkäuferin, die uns, nachdem wir ihr von unserer Walking-Tour berichtet haben, auf die reduzierten Kuchenstückchen nochmals 50 % Rabatt gibt.


Frisch gestärkt geht es auf schattigen Waldwegen vorbei an Eiskeller Richtung Nieder Neuendorf. Dort besichtigen wir den renovierten und mit einer Dauerausstellung bestückten Wachturm. Der Weg führt weiter am Nieder Neuendorfer See vorbei.

Am anderen Ufer kann man wunderschöne Häuser und Boote sehen. Wir erreichen Stolpe und sind froh, als wir am Wegesrand einen Discounter entdecken, in dem wir unsere Vorräte wieder auffüllen können. Zu diesem Zeitpunkt nähern wir uns bereits der dritten Marathon-Marke in drei Tagen und sind alle relativ platt. So kommen wir nach der Pause nur allmählich wieder in Gang. In Frohnau müssen wir noch einmal kurz einen Hügel hinter uns bringen und nach einem kleinen Zickzack-Kurs links und rechts der Bahntrasse erreichen wir die Invalidensiedlung. Wenn ich uns Drei nach absolvierten 46 Kilometern so walken sehe, gehen mir spontan diverse Wortspiele durch den Kopf… Dabei genieße ich es, die Siedlung endlich mal bei Tageslicht betrachten zu dürfen.Nach 48,3 Kilometern erreichen wir den Bahnhof Hohen Neuendorf. In diesem Moment sind wir wahrscheinlich alle gleichermaßen froh, dass die letzte Etappe nur gut 30 Kilometer lang sein wird.

06.05.2007

Der Tag der letzten Etappe ist angebrochen. Ich freue mich darüber, dass wir den bisherigen Mauerweg so gut bewältigt haben und dabei eine Menge Spaß hatten und bin zugleich traurig, dass ich mit dieser tollen Truppe nur noch einen weiteren Tag Mauerweg vor mir habe.Beschwingt gehen wir los und nach dem ersten unerwarteten Ortsausgangsschild stellen wir uns die Frage: „Hat vielleicht mal jemand auf die Karte geguckt?“ Nein, natürlich nicht. Da müssen wir halt ein bisschen improvisieren. Gehen wir hier ein bisschen rechts und dort ein bisschen links – dann passt das schon… Hierdurch bleibt uns der mutmaßlich atemberaubende Blick auf den Turm „Deutsche Waldjugend“ verwehrt. Nach einem langen schattigen Waldstück besichtigen wir in Glienecke das „Buddhistische Haus“. Dort können wir einer Meditation beiwohnen. Während Martin noch locker einen Schneidersitz auf einem Kissen am Boden hinbekommt, können Eddi und ich uns nur noch auf eine Bank fallen lassen. Während der Veranstaltung merke ich, wie schwierig es doch ist, mit einem 3-Kilo-Rucksack auf dem Rücken und einer Blase unterm Vorderfuß zu meditieren und seine innere Mitte zu finden. Mit frischen Kräften durchqueren wir das Naturschutzgebiet Tegeler Fließ und erreichen die Stelle, an der man zum ersten Mal den Fernsehturm sieht.
In diesem Moment wird mir klar, dass wir unser Ziel erreichen werden. Eddi erklärt mir, welche Bedeutung ihre Signatur „Operae pretium est“ hat (Es ist die Mühe wert.) und ich finde, dass es keinen besseren Moment hierfür gegeben hätte. Nach den Hochhäusern im Märkischen Viertel nähern wir uns unaufhaltsam dem Innenstadtbereich. Wir gehen entlang der Eisenbahntrasse und stärken uns nach 20 Kilometern auf einem Bauernhof mit Kaffee und Kuchen.


Auf den letzten Kilometern lassen wir uns sehr viel Zeit – für den Mauerpark, die Kapelle der Versöhnung und die Gedenkstätte Berliner Mauer. Dort steigen wir die Treppe hinauf und besichtigen das Stück der Mauer, das noch originalgetreu erhalten ist. Mir geht durch den Kopf, dass unsere kleine Walking-Gruppe ohne den Fall der Mauer so nie zustande gekommen wäre. Auch aus diesem Grund finde ich es gut, dass dieses "Bauwerk" nicht mehr da ist. Wir können den Reichstag sehen, ziehen aber noch ein paar Schleifen, bis wir letztendlich da sind. Helga erwartet uns mit drei Rosen.
Zu Viert gehen wir durchs Brandenburger Tor. Es gibt Momente im Leben, die dürften ewig dauern…

Winterschlaf beendet - Viertelmarathon geschafft (Kiel 24.02.2007)


Nach einigen Wochen mit diversen Zipperlein wollte ich mich gestern in Kiel als Walker ins Läufer-Halbmarathonfeld mischen. Da ich auf der Hinfahrt mit der Deutschen Bahn jedoch jede Menge Zeit zum Nachdenken hatte, entschloß ich mich spontan, meinem mangelnden Training Tribut zu zollen und umzumelden auf 10,5 km Walking. Nachdem ich den Kieler Bahnhof verlassen und festgestellt hatte, daß es dort nicht nur über 10 Grad kälter als im Ruhrgebiet war, sondern auch deutlich windiger, war ich restlos überzeugt, daß dies eine gute Entscheidung war. So setzte ich sie gleich in die Tat um. Daß ich mich in den letzten Wochen wenig bewegt habe, schien nicht nur mir aufgefallen zu sein. Die Event-T-Shirt-Verkäuferin taxierte mit geübtem Blick meinen Körperumfang und leitete ihr Verkaufsgespräch mit dem Satz: "Die großen Größen sind hier rechts." ein, worauf ich entgegnete: "Meine Winterjacke trägt halt ein bißchen auf..."


Das Fori-Treffen am Abend war deutlich übersichtlicher als im letzten Jahr, dafür nicht minder kurzweilig. Alleine die Auswahl der Lokalität war ein wenig zeitraubend, da das Verhältnis Nudelesser : italienische Restaurants am Marathonwochenende in einem krassen Mißverhältnis zueinander stand.


Morgens beim Frühstück im Hotel traf ich Mitch nebst Familie. Wir dopten uns noch ein wenig mittels Überdosis Koffein und begaben uns dann in den 400 Meter und zwei Füßgängerampeln entfernten Startbereich. Der Start erfolgte pünktlich um 10.15 Uhr zusammen mit den Halbmarathonis. Die meisten Walker (so auch wir) reihten sich hinten ein. Bis zum Überschreiten der Startlinie war ein halbes Minütchen vergangen. Auch danach gab es noch ein wenig Gedränge, da die Strecke direkt nach dem Startbereich für so viele Läufer doch etwas eng war. Nach 500 Metern entzerrte sich aber das Feld und ich kam gut voran. Die ersten zwei Kilometer absolvierte ich im guten 6er Schnitt. Bei Kilometer 2 überholte ich noch 2 Walker, die weiter vorne gestartet waren. Ab Kilometer 3 reduzierte ich das Tempo auf 6:20 bis 6:30, da ich merkte, daß dies das Tempo war, daß ich konstant halten konnte. Nach der Wende bei Kilometer 5 begann der Kampf mit dem Kieler Gegenwind. Mitch kam mir entgegen und munterte mich auf, indem er mich wissen ließ, daß kein anderer Walker vor mir war. Ich hängte mich für den Rest der Strecke an zwei Halbmarathonis, die ungefähr die gleiche Geschwindigkeit hatten. Zum Glück konnte ich nach gut 10 Kilometern in den Zielbereich abbiegen...


Da ich noch nie einen Viertelmarathon im Wettkampf gewalkt bin, ist die Zielzeit von 1:08:27 zugleich persönliche Bestzeit. Im Zielbereich lernte ich noch den amtierenden Kohlkönig kennen, der mich schon auf der Strecke angefeuert hatte. Ein kleiner ungezeiteter Nachmittags-Walk von Laboe an der Ostsee nach Kiel bei Sonnenschein und relativer Windstille rundete ein perfektes Wochenende ab.

Röntgen in Remscheid - 29.10.2006


In der Woche nach dem Dresden-HM habe ich treu und brav ausgespannt, alle 2 Tage Rückentraining gemacht und wenig gewalkt. Nach der Woche der Vernunft hat mich allerdings der Drang erfaßt, mich mal wieder so richtig zu verausgaben und mal zu schauen, was so beim Röntgen-Marathon geht, wenn man nicht noch 21 Kilometer hintendranhängt wie im letzten Jahr. So reiste ich heute in aller Hergottsfrühe in Remscheid an und meldete nach. Das Fori-Treffen an der Bushaltestelle vor dem Badeparadies H2O war rege besucht und so begab ich mich froh gelaunt an den Start. Am Ende des Feldes stand ein ganzes Geschwader Nordic Walker. Ich sortierte mich etwas weiter vorne ein.


Der Startschuß verzögerte sich in diesem Jahr nur wenige Minuten und das Feld setzte sich aufgrund der großen Zahl der Sportler etwas zäh in Bewegung. Auf dem ersten Kilometer mußte ich noch ca. 20 Nordic Walker überholen, die wohl doch etwas zu optimistisch zur Startaufstellung gegangen waren. Die Strecke ging abschüssig Richtung Lennep-Altstadt, einmal durch und dann wieder hoch. Auf der Begegnungsstrecke tauchten vor mir plötzlich wie aus dem Nichts Absperrungen auf. Beinahe wäre ich in eine Absperrung getreten, habe mir dann aber im letzten Moment überlegt, daß ich das bereits am P-Weg kurz vor Schluß hatte und das nicht so vergnüglich war, daß ich es unbedingt wiederholen müßte, insbesondere nicht vor Kilometer 5...


Nach 5 Kilometern zeigte meine Uhr 32:30 (6:30er Schnitt) - viel zu schnell für Marathon... Nach knapp 10 Kilometern ging es dann von Straßen und Wirtschaftswegen ab ins Gelände. Das bremste doch etwas, zumal der Boden von dem Regen der letzten Tage noch hier und dort ein wenig seifig war... Auch die 15er Zeit (1:39) gab mir das Gefühl schnell unterwegs zu sein - wäre da nicht Dauerkonkurrent Volker gewesen, der mir nach 19 Kilometern von hinten zurief: "Hey Georg, schläfst Du heute auf der Strecke ein?" Willkommen zurück in der Wirklichkeit. Volker war gerade bei seinem HM-Endspurt. Ich versuchte, noch ein bißchen mitzugehen - war aber wohl keine gute Idee. Er finishte den HM knapp unter 2:21, während ich als HM-Durchgangszeit eine knappe 2:22 benötigte - über 5 Minuten schneller als im letzten Jahr.


Gleichwohl ging's mir noch richtig gut. Bogart tauchte unter den Zuschauern auf und drückte mir zu meiner großen Freude eine Flasche Iso-Drink in die Hand - eine grandiose Idee, da die letzte Verpflegungstelle doch schon ein bißchen zurücklag. Noch einmal herzlichen Dank dafür. Nach dem HM-Ziel wurde es wieder deutlich ruhiger. Es ging wellig weiter, der Boden war doch recht griffig und das Wetter blieb stabil trocken. Plötzlich tauchte am Horizont etwas auf, was ich schon seit vielen Kilometern nicht mehr gesehen hatte: ein Walker. Er war ungefähr einen Kopf größer als ich und hatte einen sehr energievollen Schritt. Beim Näherkommen las ich die Rückseite seines Shirts: Da standen mir unbekannte Ortsnamen mit Bindestrichen dazwischen und die Zahl 1150 Kilometer. Ich schloß zu ihm auf und erfuhr, daß er Willem Muetze heißt, aus den Niederlanden kommt, im vorletzten Jahr für die 63 Kilometer 7:30 gebraucht hat, sich für die 1150 Kilometer von Shirt aber 18 Tage Zeit lassen konnte. Ach ja - es war so ungefähr sein 800. Marathon, aber erst der 54. in diesem Jahr... Wir unterhielten uns eine Weile miteinander, bis er meinte, er sei heute ein bißchen schlecht drauf und müsse noch ein paar Kräfte für die letzten 21 Kilometer sparen. An einem kleinen Anstieg beendete ich dann unser kurzweiliges Gespräch. Kurz darauf schloß ich zu dem Nordic Walker auf, der im letzten Jahr kurz nach mir beim Ultra ins Ziel gekommen war und der mir durch seine Bemerkung "Ach, hätte ich geahnt, daß Du nur so viel Vorsprung hattest, hätte ich ein bißchen Gas gegeben." noch in plastischer Erinnerung war. Er ließ mich wissen, daß er in diesem Jahr als Läufer gemeldet sei, da (für ihn unverständlicherweise) einige Anstoß daran genommen haben, daß er mit Stöcken bergab gerannt sei. Ich sei doch hoffentlich nicht in so einem Walkerclub und sähe das Ganze doch wohl auch nicht so eng, oder? Ich erläuterte ihm kurz und freundlich meine Meinung zu dem Thema. Dann ließ ich ihn stehen, walken, laufen oder was auch immer... Zwischen Kilometer 30 und 35 merkte ich, daß es keine gute Idee war, schnell anzugehen. Die Kilometerschilder ließen mich wissen, daß ich sub 5 nicht schaffen würde und die Beine wurden zusehends schwerer. Zum Glück waren die großen Steigungen erledigt. Es gab nur noch einmal einen langen steilen Abstieg, ansonsten war die Strecke angenehm flach. Die Getränkestände wurden immer üppiger. Gab es auf den ersten Kilometern nur Wasser und Tee, so fand man hier bereits Wasser, kalten Tee, warmen Tee, Iso-Drinks, Bananen und Müsli-Riegel in großer Menge. Zwischenzeitlich hatte ich ausgerechnet, daß ich für sub 5 nach spätestens 4:44 bei Kilometer 40 sein müßte. Da meine Uhr dort über 4:46 zeigte, hakte ich die 5 Stunden ab und machte keinen Endspurt. Gleichwohl vergingen die letzten gut 2 Kilometer wie im Flug und ich überquerte die Ziellinie bei 5:00:24 - drittbeste Landschaftsmarathon-Zeit und zugleich ca. 15 Minuten schneller als die Durchgangszeit beim Ultra im letzten Jahr. Etwa 8 Minuten später erreichte Willem das Ziel als zweiter Walker. Er hatte heute auch keine Lust auf 63 Kilometer... Der Transfer zum Ziel funktionierte reibungslos. War schon ein komisches Gefühl, von einer Walkingveranstaltung mit einem Bus zum Ziel gebracht zu werden - hatte ich bisher nur beim Hollenmarsch... Fazit: Die Veranstaltung war super organisiert. Der Marathon hat mir definitiv deutlich mehr Spaß gemacht als der Ultra im letzten Jahr. Ich hab interessante Leute getroffen und hatte einen kurzweiligen Walk. Mit dem Ergebnis bin ich mehr als zufrieden, obwohl ich mir angesichts der Zielzeit ein paar Sätze gesagt habe, die mit "hätte ich doch" beginnen...

Dresden 2006 - ein Spätsommertag im Oktober

Nachdem ich angekündigt hatte, mein Jahresrestprogramm von Tagesform und Geisteszustand abhängig zu machen, buchte ich meinen ersten HM nach Berlin in Dresden. Zum einen war ich dort zuletzt vor ca. 20 Jahren und habe mir sagen lassen, es habe sich seitdem einiges in der Stadt verändert, zum anderen hatten einige Foris für den HM/M gemeldet, die ich gerne wieder-, bzw. erstmals in natura sehen würde. Voller Tatendrang reiste ich mit dem Nachtzug auf Freitag an. Da der Sonntag ja noch in weiter Ferne lag, verbrachte ich den Tag mit einem kleinen Spaziergang. Ich fuhr mit der Bahn bis zur tschechischen Grenze. Dort fragte ich auf der Fähre, wie weit denn die nächste größere tschechische Stadt entfernt sei und erfuhr, daß der direkte Weg nach Decin ca. 15 Kilometer lang sei, aber immer an der Autostraße entlang ginge. Ein Alternativweg durch die Hügel der böhmischen Schweiz sei ein bißchen länger, aber auch sehr viel attraktiver und anspruchsvoller. Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage konnte ich gut 3 Stunden später in vollem Umfang bestätigen... Gedanken wie "Das ist sehr klug von Dir, 2 Tage vor einem HM noch eine kleine Bergtour zu machen." wischte ich beiseite... Es gab ja schließlich noch den Samstag zur Erholung.


Nach 3 bis 4 Stadtrundgängen durch Dresden holte ich Samstag so gegen 12 Uhr meine Startunterlagen ab. Die Ausgabe war gut organisiert, aber anhand der Fülle und Enge auf der Marathonmesse war schon zu erahnen, daß es bei der Veranstaltung am Sonntag an Gesellschaft nicht mangeln wird. Neben den Startunterlagen befanden sich im Beutel noch ein Plastik-Windschutz, eine Marke für die Pasta-Party, ein Beutelchen Cranberries (Johannisbeeren?), denen man vor dem Eintüten Feuchtigkeit und Geschmack entzogen hatte , und gefühlte 5 Kilogramm Altpapier. Weitere 3 Stadtrundgänge später wurde es auch langsam Zeit für's Fori-Treffen im Times. Dort hatte sich ein äußerst nettes Grüppchen versammelt.


Die Stimmung war bestens, Speisen und Getränke waren gut und ausreichend . Es hätte noch ein langer Abend werden können - wenn da nicht diese Sportveranstaltung am Sonntag gewesen wäre...
Pünktlich zum Start am Sonntag wurde allen vorherigen Ankündigungen zum Trotz das Wetter wieder richtig klasse. Alle bis dahin latent bedrohlich in der Luft hängenden Regenwolken verkrümelten sich mehr und mehr. Als kleinen Wachmacher für Morgenmuffel hatten sich die Dresdener was ganz besonderes einfallen lassen: Es gab Kleiderbeutelabgaben für die Startnummern bis 23600 und ab 40000. Gar nicht so einfach, wenn man Startnummer 23830 hat... Als ich das dritte Mal an ihm vorbeikam, erbarmte sich der Helfer von 23200-23300 meiner. Nach dem erwartet kurzen Fori-Treffen vor dem Start gingen Kurt und ich in Startblock "W", wo wir neben Roland und ca. 50-60 anderen Walkern noch ein paar Nordic Walker sahen. Da ich mich jedoch angesichts der hohen Starterzahl und einem von Cathy angekündigten Engpaß bei Kilometer 1 auf einige nicht ganz unproblematische Überholvorgänge eingestellt hatte, fand ich das nicht übermäßig dramatisch. Nach dem Startschuß kam das Feld recht langsam in Gang, es war jedoch stets Platz genug zum Überholen. So absolvierte ich den ersten Kilometer bereits mit 6:28 min. und hatte damit schon ungefähr das Tempo ereicht, das ich mir vorher vorgenommen hatte. Auf den ersten Kilometern war zwar ein bißchen Zickzack-Walken angesagt, da außer Marathonis und Halbmarathonis auch noch die 10-Kilometer-Läufer mit auf der Strecke waren, aber ich war ja noch einigermaßen frisch und reaktionsfähig... Das einzige, was ein bißchen gewöhnungsbedürftig war, waren kleinere Passagen mit Kopfsteinpflaster, da ich mich dort nicht traute, die Füße in meinem üblichen Schlurfschritt knapp über den Boden zu ziehen. Nach wenigen Kilometern bogen die 10-Kilometer-Läufer ab und das Gedränge entspannte sich zusehends. Die Verpflegungsstellen waren von Anfang bis Ende beidseitig aufgebaut und so konnte man ohne großen Zeitverlust Wasser, Tee und Iso-Drink aufnehmen. Kurz nach der 5-Kilometer-Marke überholte ich noch einen letzten versprengten Walker, dessen Geschwindigkeit darauf hindeutete, daß er aufgrund einer leichten Fehleinschätzung seiner eigenen Leistungsfähigkeit kurz nach den Kenianern gestartet war...
So ging es munter weiter kreuz und quer durch die Altstadt, durch den Park und wieder durch die Altstadt. Ich suchte mir wechselnde Läufer, an die ich mich ein Weilchen dranhängte und genoß die aufmunternden Worte der Läuferschar um mich herum. Bis Kilometer 18 hielt ich meine Geschwindigkeit konstant bei knapp unter 6:30 min./km. Auf der idyllischen Schlußpassage an der Elbe entlang wurde ich leicht langsamer. Wahrscheinlich hatte mir mein Unterbewußtsein einen Streich gespielt, da ich bereits ausgerechnet hatte, daß ich meine PB knapp verfehlen, aber deutlich unter meinem Ziel 2:20 bleiben werde... So kam ich nach einem kurzen Endspurt im Rahmen der zu dem Zeitpunkt noch vorhandenen Möglichkeiten auf eine Zielzeit von 2:16:55. Treffen mit diversen Foris im großzügig gestalteten Zielbereich rundeten einen perfekten HM ab. Ich freue mich schon auf Dresden 2007.

Flucht vor dem Besenwagen - Berlin-Marathon September 2006

Ich war vorgewarnt. Im letzten Jahr bin ich topfit nach Berlin angereist, eine flache schnelle Strecke lag vor mir und gleichwohl verpaßte ich meine bis dahin gültige Bestzeit um sage und schreibe 10 Minuten... Nach dem äußerst gelungenen P-Weg-Marathon war mir nicht ganz klar, ob ich Berlin als gemütlichen Stadtrundgang oder volle Pulle angehen sollte.

Den ersten Fehler machte ich bereits, als ich mir entgegen meiner sonstigen Gewohnheit nur ein karges Frühstück vor dem Marathon gönnte. Auch bezüglich der Frage "Einlagen in den Schuhen" war ich hin- und hergerissen und entschied mich spontan für die wahrscheinlich falsche Lösung. Die Rache für beides sollte nicht lange auf sich warten lassen. Nachdem ich die ersten Kilometer zügig wie gewohnt angegangen war, traf ich bei Kilometer 5 die beiden Hamburger Heikes. Wir wechselten ein paar nette Worte - dann spurtete ich los, um möglichst vor der großen Hitze weit zu kommen. Bei Kilometer 7 traf ich meinen Dauerkonkurrenten Volker, der in einem 7er Schnitt unterwegs war. Noch ging's mir gut und ich überholte auch ihn. Zwischenzeitlich hatte sich ein Walker mit einer Art Skilangläuferstil an mir vorbeigeschlichen. Ich versuchte, mich an seine Fersen zu heften, was mir aber nur kurzfristig gelang. Die Getränkestände waren zwar zu Anfang rechts und links der Strecke postiert, jedoch wie üblich sehr gut besucht. Wie im letzten Jahr hatte ich den Eindruck, daß Läufer, die so um die 5 Stunden angepeilt haben, an Getränkeständen nicht nur Getränke aufnehmen, sondern Pause machen. Es war also Rumgestolper und Slalomwalken angesagt. Bei Kilometer 10 merkte ich, daß ich bezüglich meiner Schuhe die falsche Entscheidung getroffen hatte. Auch mein Geistesblitz "Sind doch nur 42 Kilometer - da kleb ich doch nichts ab..." erwies sich als nicht zutreffend. Fortan zierten zwei Blasen meinen linken Fuß und eine Blase meinen rechten - und zwar schön hinten in der Kurve, wo's besonders viel Spaß macht...

Bei Kilometer 17 merkte ich dann, wie es mir langsam aber sicher ein bißchen zu warm wurde. Ich nahm die Umwelt nicht mehr ganz so intensiv wahr wie sonst und sehnte mich nach Bananen und Iso-Drinks. Am vierten Verpflegungsstand kippte ich schließlich gefühlte 2 Liter Flüssigkeit in mich hinein und verspeiste ca. eine Bananenstaude. Das war der Zeitpunkt, zu dem Volker mit elegant beschwingtem Schritt an mir vorbeispazierte und schnell am Horizont kleiner wurde. Die Halbmarathonmarke passierte ich bei 2:28. Ich war hin- und hergerissen: Sollte ich mich quälen und versuchen, die 5 Stunden zu unterbieten oder sollte ich mir eingestehen, daß dieser Walk nicht zu meinen schnellsten gehören wird und den Rest der Strecke genießen. Ich entschied mich für Lösung Nr. 2 und drosselte mein Tempo auf ca. 7:45 min/km. Trotz der zunehmenden Wärme spürte ich, wie sich mein Körper langsam wieder regenerierte.

Bei Kilometer 30 sah ich Volker wieder. Er hatte auch leider feststellen müssen, daß das gewählte Anfangstempo zu hoch war. Wir legten 1 bis 2 Kilometer gemeinsam zurück - dann schaltete ich wieder einen Gang höher. Bei Kilometer 35 traf ich Meike und Ahkah, die vergnügt davon erzählten, daß sie gerade eine erstklassige Beinmassage hatten. Das heitere Fori-Treffen baute mich auf und machte mich fit für den Endspurt. Ab Kilometer 40 ging quasi alles wie von selbst: Die Strecke war bekannt, das Brandenburger Tor schon aus großer Entfernung zu sehen und die Zuschauerresonanz trägt wirklich jeden ins Ziel. Meine Zeitpläne gingen inzwischen so in Richtung 5:13. Da kam plötzlich noch ein schnell walkender Däne an mir vorbeigeprescht und motivierte mich, auf der Zielgeraden nicht völlig einzudösen. Ich heftete mich an seine Fersen und wir kamen etwa zeitgleich an. Die Zielzeit von 5:11:42 ist meine langsamste bislang bei einem City-Marathon gewalkte Zeit. Daß diese Zeit für Platz 5 reicht, hat mich doch ein wenig erstaunt und mit dem Ergebnis versöhnt. Jetzt freue ich mich erst einmal auf ein paar trainingsfreie Tage und dann beginnt auch schon die Tapering-Phase für den Kölsch-Walk...

Von einem der auszog, das Schlendern zu lernen - P-Weg 09.09.2006

Grau ist alle Theorie....Geplant war ein entspannter Kurzurlaub mit zwei netten Foris mit einem etwa 21 Kilometer langen Spaziergang zwischendurch. Der erste Teil des Plans hat funktioniert - daß aus Teil 2 nichts wird, war mir spätestens klar, als wir in Plettenberg ankamen und an jeder Straßenecke zu spüren war, was für ein begeisterndes Sportereignis hier am Wochenende wieder stattfinden würde. So gingen wir am Freitag zur Startunterlagenausgabe und ich hörte mich sagen: "Ich bin für HM gemeldet, würde mich aber gerne für den Marathon ummelden. Geht das?" Es ging!


Bei gefühlten 0 Grad im Schatten stellten Kurt und ich uns am Samstag direkt vorne im Walkerstartblock auf, um zu verhindern, daß wir auf den ersten 2 Kilometern den Stöckchen-Hürdenlauf vollführen müssen, den ich aus dem letzten Jahr noch in schmerzlicher Erinnerung hatte. Zur Einstimmung auf den Wettbewerb gab es eine unmißverständliche Ansage des Veranstalters zum Thema "Laufen bei Walking-Veranstaltungen", der an die Fairness jedes Starters appellierte und darauf hinwies, daß im letzten Jahr ein "Walker" gnadenlos ausgepfiffen worden war, weil er die Strecke, für die er gemeldet war, unmöglich in seiner Zielzeit gewalkt sein konnte.


Kurz nach dem Startschuß gaben Kurt und ich erst einmal richtig Gas und als wir die erste Steigung erreichten, hatten wir schon einen ansehnlichen Abstand zum übrigen Walkerfeld. Die erste Steigung bewältigten wir problemlos in gleichmäßigem Tempo. Oben wurden wir belohnt durch viele jubelnde Zuschauer und den Blick auf eine überdimensionierte lila Kuh. Durch die Steigung war uns ein bißchen warm geworden und wir waren uns einig, daß es eine gute Idee war, sich trotz der Kälte am Start was Leichteres anzuziehen. Es ging gut voran, nur ein einziger Nordic Walker ließ sich nicht abschütteln. Es gibt drei Dinge, die mich in den Wahnsinn treiben: Laubpuster am Samstagmorgen, tropfende Wasserhähne und klackernde Nordic Walking-Stöcke, die sich allmählich von hinten nähern. So verabschiedete ich mich von Kurt und versuchte in ruhigere Gefilde zu flüchten. Gut 5 Minuten später konnte ich dann wieder die Ruhe des Plettenberger Sauerlands genießen...

Bei Kilometer 8 kam die knackigste Steigung der gesamten Strecke - fast 300 Höhenmeter am Stück. Wie im letzten Jahr, hatte man am Beginn der Steigung den dezenten Schriftzug "Bergwertung" angebracht. Nachdem ich meiner Zunge die ca. zehnte Bißwunde zugefügt hatte, sah ich das erlösende Schild "Ende Bergwertung". Auf der Steigung traf ich einige Läufer, die ich bereits im Vorjahr an dieser Stelle überholt hatte und mit denen ich dann fortan wieder das Spiel "An der Steigung überhol ich Dich, beim Abstieg überholst Du mich" spielen konnte. Wir hatten sehr viel Spaß dabei... Bei Kilometer 13 versperrte ein Holzfäller-LKW fast den kompletten Weg, so daß ich kaum noch durchpaßte. Ich warf dem Fahrer einen bösen Blick zu und bereute dies sofort wieder, da der LKW sich kurz darauf in Bewegung setzte und mir folgte - ca. 10 Minuten lang. Ich habe in meinem Leben schon angenehmere Momente erlebt. Nach 17 Kilometern war mein Garmin Forerunner der Auffassung, daß er mir jetzt ausreichend lange die exakte Laufstrecke angezeigt hat. Einen Kilometer lang zählte er noch ungenau, dann ein bißchen rückwärts und schließlich gar nicht mehr. Das war fatal, denn die offiziellen Kilometerbeschilderungen waren bei positiver Betrachtung auch nur ein sehr grober Anhaltspunkt.
Kurz nach der Hälfte der Strecke vor einem Aufstieg stand wie im letzten Jahr ein Mann mit einem Tablett voller Schnaps-Pinnchen. Im letzten Jahr als Sportler und Asket hatte ich noch abgelehnt. In diesem Jahr begrüßte ich ihn mit den Worten: "Auf Dich hab ich doch schon die ganze Zeit gewartet.", nahm ein Pinnchen zur Hand, dopte mich und walkte beschwingt weiter. Der Weg war sehr gut ausgeschildert, an jeder Abzweigung saß ein Streckenposten, die Verpflegungsstände tauchten äußerst regelmäßig auf und waren üppig bestückt. Allein der Weg war an vielen Stellen sehr schwierig zu walken, da es äußerst lange Passagen mit großen spitzen Steinen gab. Während im letzten Jahr der Marathon deutlich zu kurz zu sein schien, war in diesem Jahr die Strecke verlängert worden. An der Stelle, an der man im letzten Jahr zum Zielbereich abgebogen war, ging es noch auf einem Waldweg wieder einen Kilometer aus dem Ort heraus und dann durch einen neu gebauten Tunnel wieder zurück. Der Abstieg Richtung Tunnel war die anspruchsvollste Passage, da es steil bergab ging und der Untergrund aus losem Geröll bestand. All diese schwierigen Passagen hatte ich aber unbeschadet überstanden, so daß nur noch eine kleine Schleife durch die Stadt vor mir lag. Da weit und breit kein weiterer Walker zu sehen war, konnte ich mir Zeit lassen und in aller Ruhe die Stimmung genießen. Ein richtiger Marathon war es ja schließlich schon lange nicht mehr, da die Uhr bereits mehr als 5:05 Std, zeigte. Aber was macht so ein Bekloppter wie ich: Er drückt noch mal richtig auf die Tube, unterschätzt die Größe seiner eigenen Füße, fädelt in den Standfüßen der Absperrung ein und macht noch einmal einen richtig schönen Salto vorwärts... - leider nicht sauber gestanden. So erreichte ich dann in deutlich gemäßigter Geschwindigkeit das Ziel nach 5:08:20 Std. pünktlich zum Auftritt der weiblichen Dorfjugend, die zu den Klängen von Shakira tanzte. Danach konnte ich mir das hübsche Finisher-Shirt mit dem Höhenprofil auf der Vorderseite, mehrere Stückchen Streuselkuchen und alkoholfreies Erdinger abholen.

Bei der Siegerehrung drückte ich einer jungen Dame, die gerade in der Nähe der Bühne stand, Andreas Kamera in die Hand, damit sie damit ein paar Fotos macht. Wie sich später herausstellte, hat die junge Dame noch ein paar Fotos mehr gemacht - war nämlich die Fotografin der Westfälischen Rundschau...


Ich bin froh, daß ich mich umgemeldet und mal wieder so richtig Tempo gemacht habe. Dafür werde ich am Dienstag bei der Krankengymnastin kleine Brötchen backen müssen. In Berlin werde ich dann aber definitiv schlendern... Unsere P-Weg-Wohn- und Walkgemeinschaft hat mir äußerst gut gefallen und sollte definitiv im nächsten Jahr wieder aufleben, gerne auch unter Einbeziehung eines Hamburger Sauerländers... Der diesjährige Sieger des Walking-HM hat eine Zeit von ca. 2:30 Std. Der Vorjahressieger, der in diesem Jahr ebenfalls gemeldet war, taucht nicht in der Liste auf. Laut Auskunft der Zeitnehmer wurde ein Teilnehmer der Walking-Veranstaltung wegen fortgesetzten unsportlichen Verhaltens disqualifiziert. P-Weg ... find ich gut!

Einfach einmalig: Rennsteig Brückenlauf 03.09.2006

Beim Berlin-Marathon 2005 hatte ich erfahren, daß am 03.09.06 am Rennsteig ein einmaliger Lauf stattfinden sollte, und zwar über ein frisch fertiggestelltes, aber noch nicht freigegebene Autobahnteilstück bei Suhl. Da mit einer hohen Teilnehmerzahl zu rechnen war, hatte ich mich bereits Anfang des Jahres angemeldet. Als Zeitlimit für die ausgeschriebenen 32 Kilometer waren großzügige 7 Stunden veranschlagt. Da mich außerdem meine Krankengymnastik in den letzten Wochen schon wieder ein wenig schmerzfreier und beweglicher gemacht hatte, sah ich keinen Grund, warum ich auf dieses einmalige Erlebnis verzichten sollte.

Da lange Autofahrten für Bandscheibengeschädigte Gift sind, reiste ich Samstag früh morgens mit der Bahn an. Dies entpuppte sich als großer Fehler, da der Start des Brückenlaufs nicht etwa in der Nähe der Innenstadt von Suhl war, sondern am Allerwertesten der Welt - in einem ca. 6 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt gelegenen Industriegebiet, in dessen Nähe nur so ca. einmal pro Stunde ein Bus fuhr... Mit einem netten Grüppchen anderer ÖPNV-Begeisterter holte ich dann noch am Samstagnachmittag meine Startunterlagen, um mich Sonntag streßfrei auf's Wesentliche konzentrieren zu können. Da der Bus gerade weg war, machte ich mich mit meinen Unterlagen per pedes auf den Weg zurück ins Tal. Spaßeshalber hielt ich mal den Daumen in den Wind - und tatsächlich hielt bereits nach einer knappen Minute eine nette junge Einheimische an, die mich zurück ins Dorf chauffierte. Dabei schwärmte sie mir von ihrem ersten HM am Rennsteig vor, für den sie nur gut 2 Stunden gebraucht hatte. Sonntag morgen fand ich mich schon gegen 9.30 Uhr im Startbereich ein, um mitzubekommen, wie nach und nach die Läufer eintrudeln und langsam die Stimmung steigt. Es war schon sehr beindruckend, mehrere tausend Sportler und Zuschauer in einem ansonsten wohl recht ausgestorbenen Vorort zu sehen, die alle nichts besseres zu tun hatten, als an einem Sonntagmorgen 32 Kilometer die Autobahn rauf- und runterzulaufen... Zu meiner großen Freude bemerkte ich auch ein ahnsehnliches Trüppchen Walker mit und ohne Stöcke. Um 10.15 Uhr traf ich mich dann mit den anderen Foris. Damit man mich besser erkennt, hatte ich mir extra mein grell-orangenes KLR-Shirt angezogen. Leider hatte der Veranstalter ein Faible für die gleiche Farbe, so daß die Hälfte der Läuferschar ebenfalls in grell-orange gekleidet war. Alle angekündigten Foris waren pünktlich und gut gelaunt am Treffpunkt. Wir wechselten ein paar Worte und wünschten uns gegenseitig viel Erfolg - dann schlurfte ich noch ein bißchen alleine durch die Gegend, um die Stimmung zu genießen...

Punkt 11 Uhr erfolgte der Startschuß für ca. 2.500 Läufer und Walker. Es gab zwei verschiedene Strecken zur Auswahl: 13 km (6,5 Kilometer bis zur Haseltalbrücke und zurück) und 32 km (13-km-Strecke und zusätzlich 9,5 Kilometer bis zur Schleusinger Brücke und zurück). Das Feld spurtete schnell los. Ich ließ mir Zeit und startete von ganz hinten. So nach und nach zog ich an jeder Menge Walkern vorbei und wechselte stets ein paar Worte. Die ersten Kilometer liefen quasi wie von selbst, da es fast nur bergab ging. Meine Geschwindigkeit pendelte so zwischen 7:10 min/km und 7:20 min/km, wurde aber stetig ein bißchen zügiger. Ab Kilometer 3 kamen mir schon wieder die ersten Läufer entgegen. Ab Kilometer 5 sah ich auch das erste Mal die Foris wieder. Da war dann erst einmal gegenseitiges Anfeuern und Abklatschen angesagt - einfach toll... Durch die Begegnungsstrecke konnte ich auch gut sehen, daß ich nur noch einen Walker vor mir hatte - aber nur noch bis Kilometer 9. Ab Kilometer 7 ging es bis zur 13-Kilometer-Marke dezent bergauf - eine perfekte Gelegenheit, mal zu testen, was die Krankengymnastik der letzten Wochen denn so gebracht hat. Ich erhöhte leicht das Tempo auf ca. 7 min/km, aber der befürchtete Schmerz blieb aus. Ab Kilometer 13 folgte eine relativ stetig bergab führende Strecke. Zwei Teilstücke waren noch nicht ganz fertig. Dort mußte man durch festgewalzten Schotter, bzw. über etwas seifigen Beton gehen. Leider konnte ich die Bergabstrecke nicht in vollen Zügen genießen, da es zwischenzeitlich angefangen hatte wie aus Eimern zu regnen. Bereits bei Kilometer 15 kam mir der erste Läufer entgegen, der sich schon langsam auf den Zieleinlauf vorbereitete. Kurz vor dem Wendepunkt ermutigten mich die entgegenkommenden Foris mit Bemerkungen wie ISNICHMEHRWEIT und auch viele andere entgegenkommende Läufer munterten mich auf und klopften mir verbal auf die Schulter - ein tolles Gefühl...

Am zweiten Wendepunkt freute ich mich schon richtig auf die 9-Kilometer-Bergauf-Strecke, da ich mich auf dieser Strecke erstmals nach langer Zeit mal wieder so richtig fordern wollte. Mein geliebter Oberschenkelmuskel protestierte nur dezent und so gelang es mir, bergauf ziemlich gleichbleibend einen 7:15-er Schnitt zu halten. So sah ich einige Läufer wieder, die ich vor dem Wendepunkt schon in uneinholbarer Ferne vermutet hatte. Ab Kilometer 25 rechnete ich mal kurz die verbleibende Strecke und die zu erwartenden Zeiten durch und kam auf eine realistische Zielzeit von unter 3:50 Stunden. Mit dieser Perspektive war ich hochzufrieden. Kurz vor dem 30er Schild kam ich ins Gespräch mit einer Läuferin, die laufend ungefähr mein Tempo hatte. Wir wechselten ein paar nette Worte über die anstehenden Veranstaltungen im Allgemeinen und den Berlin-Marathon im Besonderen und ich empfahl ihr, doch mal beizeiten einen Blick in dieses Forum zu werfen. Wir hatten gerade bei 8 km/h unser Wohlfühltempo gefunden und uns darauf eingestellt, noch ein kleines geselliges Schwätzchen zu machen, da tauchte plötzlich und unerwartet bereits nach 30,8 Kilometern die Ziellinie auf... Die Zielzeit war dann mit 3:40:13 auch deutlich unter 3:50... Im Zielbereich kippte ich mir in Lichtgeschwindigkeit noch ein paar Getränke runter und brachte mich möglichst schnell in Sicherheit, da der Regen die Straße zwischenzeitlich fast in ein Binnengewässer verwandelt hatte. Eigentlich schade, daß das Wetter einen gemütlichen Ausklang der ansonsten perfekten Veranstaltung verhinderte.Der Brückenlauf war im wahrsten Sinne des Wortes ein "einmaliges" Erlebnis. Insbesondere die gegenseitige Anfeuerung auf der Begegnungsstrecke hat mir außerordentlich gut gefallen. Ich denke, ich werde künftig gezielt nach solchen Veranstaltungen suchen. Sollte dieser Lauf wider Erwarten noch einmal wiederholt werden, werde ich mit Sicherheit zu den ersten Angemeldeten gehören.

Die ersten 1daagse von Nijmegen (Juli 2006)

Voller Respekt vor der zu bewältigenden Strecke hatte ich mich, wie für einen Angsthasen üblich, in einem Luxushotel nahe Nijmegen eingemietet. Wenn man sich tagsüber die Lunge aus dem Leib walkt, sollte es wenigstens abends schön gemütlich sein. Das Hotel in Mill hielt wirklich, was der Prospekt versprochen hatte. Zu meiner großen Freude erfuhr ich bereits beim Einchecken, daß der Transfer zu den 4daagse vom Hotel organisiert wurde: morgens um halb vier Hinfahrt mit dem Auto und nachmittags auf telefonische Anforderung Abholung vom nächstgelegenen Bahnhof. Bereits um drei Uhr morgens gab es ein vollständiges Frühstücksbüffet mit Kaffee und einem Riesenkorb Fressalien zum Mitnehmen.

Die Anmeldung am Montag funktionierte reibungslos. Daß man zur Anmeldung eine Dreiviertelstunde in der Schlange stehen mußte, bereitete kein Problem, da man sich bei der Gelegenheit gleich mit den anderen Verrückten aus den verschiedensten Ländern austauschen konnte. Völlig aufgekratzt durch die Vorfreude hatte ich dann auch massive Probleme, pünktlich einzuschlafen. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß drei Stunden Schlaf auch mal reichen müssen und ich dafür an den nächsten Abenden die Probleme nicht mehr haben würde...

Dienstag pünktlich um drei trafen sich dann die unentwegten 50-km-Wanderer am Frühstückstisch. Selbst ich als Morgenmuffel war hellwach und sehr gespannt auf das, was da vor mir lag... Der Transfer funktionierte gut, und um 10 vor 4 waren wir am Start. Da jede einzelne Startkarte gescannt wurde, dauerte es doch schon eine Weile, bis die über 10.000 Wanderer komplett auf die 50 km geschickt worden waren. Ich traf mich kurz nach dem Start mit Martin. Wenig später überholte mich dann auch noch Dauerwalkerkonkurrent Volker, mit dem ich mir schon so manch heißen Kampf bei 10-km-Walks geliefert hatte. Martin und ich folgten ihm nicht, sondern ließen es ruhig angehen. Ich dachte mir, daß es praktisch wäre, den Bogen tempomäßig nicht zu überspannen, wenn ich schon nicht vernünftig genug war, die Veranstaltung abzusagen...

Gegen 6 Uhr wurde es dann schon deutlich wärmer. Ich hatte im Hinterkopf, daß vor 3 Jahren mal eine Etappe auf 40 Kilometer verkürzt worden war und fragte mich, welche Wetterbedingungen eigentlich herrschen müssen, daß wir eventuell auch in diesen Genuß kämen. Martin und ich tauschten unsere doch sehr unterschiedlichen Philosophien zu den Themen Luxuswalker - Sparwalker, Sonnenhunger - Sonnenschutz (s.o.) aus.


Einig waren wir uns darin, daß die Zuschauerresonanz bei dieser Veranstaltung einfach nur gigantisch war. Während in Deutschland Walker ja häufig nur belächelt werden ("Mach doch mal richtig Sport..."), wird die Wandererschar bei den 4daagse vom Publikum ehrlich und frenetisch angefeuert. Als wir einmal etwas abseits vom Weg bei einer Familie frisches Wasser zapfen wollten, rissen uns gleich mehrere Familienmitglieder unsere Flaschen förmlich aus der Hand. So richtig abwechslungsreich wurde der Marsch, als die Militäreinheiten und die 40-Kilometer-Wanderer zu uns stießen. Staunend lauschten wir den Gesängen der Militärmarschierer (und -innen) aus aller Welt. Bei Kilometer 43 tauchte dann der erste Verpflegungsstand auf, bei dem der Kaffee 60 ct. kostete. Da dies zugleich Martins pekuniäre Obergrenze zum Verzehr eines Kaffees war, kehrten wir dort ein. Martin stärkte sich dann allerdings mit einer Suppe, da er wußte, daß noch ein langes Stück ohne Schatten und Verpflegung vor uns lag. Obwohl es inzwischen auch für mein Empfinden unerträglich heiß war, legten wir einen kleinen Endspurt hin, da wir eine Pacemakerin mit angenehmem äußeren Erscheinungsbild und Tempo erspäht hatten.
Im Ziel schütteten wir dann literweise Getränke in uns hinein, um uns wieder zu regenerieren. Ich merkte schon, daß diese Wanderung trotz gemäßigtem Tempos einiges an Substanz gekostet hatte. Gleichwohl stellte ich mich noch ein bißchen am Straßenrand in die Sonne, um den anderen Wanderern beim Finish zuzuschauen.
Abends im Hotel erfuhr ich dann gegen halb zehn, daß die 4daagse wegen der erschreckenden Bilanz des ersten Tages abgebrochen wurden. Ich schaute daraufhin jede verfügbare Nachrichtensendung und erfuhr, daß die Orga kurz vor den Todesfällen beschlossen hatte, auch am zweiten Tag die Strecke ungekürzt wandern zu lassen. Zu dem Frust über den Abbruch der Veranstaltung kam dann auch noch eine gehörige Portion Unverständnis über diese Vorgehensweise. Ich hatte, insbesondere nach dem Walking Day in Köln, nie geglaubt, daß mich eine Wanderveranstaltung euphorisieren könnte. Der Eindruck, den ich an diesem einen Tag von der Veranstaltung bekommen habe, war aber so positiv, daß ich im nächsten Jahr garantiert wieder dabei bin.