Sonntag, 30. September 2007

Manchmal geht's auch ohne Training - Berlin-Marathon 30.09.2007

Da ich meine Urlaubstage in diesem Jahr noch sinnvoller einzusetzen habe, habe ich Freitag noch brav gearbeitet und bin mit dem Nachtzug auf Samstag in Berlin angekommen. Mit unserer Stammpension war abgesprochen, dass ich mich gar nicht großartig in Berlin mit dem schweren Gepäck rumdrücken muss, und so konnte ich schon in den frühen Morgenstunden mein Zimmer beziehen - dieses Mal leider ein Einzelzimmer, das nicht alleine wegen seiner Größe etwas trostlos wirkte.

Umgezogen, geduscht, gefuttert - dann wurde es auch schon Zeit für den Frühstückslauf ab Schloss Charlottenburg. Viele tausend Läufer und Walker waren trotz des bedeckten Himmels anwesend. Zur Auflockerung wurde laut Musik gespielt und die Läuferschar mit mannigfach verteilten kostenlosen Halstüchern bei Laune gehalten. Um 9:30 Uhr setzte sich der Pulk in Bewegung. Es ging in gemäßigtem Tempo quer durch Charlottenburg - Ziel war wie in den vergangenen Jahren das Olympiastadion. Dort konnten wir in aller Ruhe auf der Tartanbahn ein Ründchen drehen und Erinnerungsfotos schießen. Hiervon wurde reichlich Gebrauch gemacht. Über die Tribüne erreichten wir die Frühstücksstände, als es anfing, wie aus Eimern zu kübeln. Das hatte den Vorteil, dass mir beim Frühstück holen wenige im Weg standen, aber den gewaltigen Nachteil, dass ich binnen kürzester Zeit äußerst durchnässt war.





So zog es mich schon recht früh in Richtung Marathon-Messe zum Abholen der Startunterlagen. Ging so weit alles ganz reibungslos bis auf die Tatsache, dass das Finisher-Shirt nur noch in maximal M da war - na ja, ich wollte ja eh wieder regelmäßiger walken gehen...


Das Fori-Treffen am Abend war äußerst kurzweilig. Trotz Erwartungen, es könnte ähnlich wie in Kiel wieder ein Dinner for two werden, fanden sich doch mehr als 10 Foris ein. Als Überraschungsgäste aus dem Schlaubetal machten auch Kathrin und Bianca einen Abstecher nach Berlin - einfach klasse.



Der Marathon begann mit dem üblichen Chaos. Zusammen mit Angelika, die ich am Starbucks als einzigen Fori getroffen hatte, begab ich mich auf die Suche nach der Klamottenabgabe. Der letzte Stand von gefühlten tausend war es schließlich. Da die Schlange an den Dixis so aussah, als sei sie gegen 18 Uhr erst abgearbeitet, stellte ich mich zu den 150 Anderen an den nächsten Busch. Schließlich ging es hinein in den überfüllten Startblock H und die Warterei begann - denn es dauert schon geschlagene 25 Minuten vom Startschuss bis zum Überqueren der Startlinie.



Ich verabschiedete mich von Angelika und legte los, als hätte ich meine letzten Wochen ausschließlich mit Training gefüllt. Ein diffuses Gefühl, dass sich dies noch ganz bitterlich rächen wird, war mein Begleiter. 5 Kilometer in gut 33 Minuten, 10 Kilometer in 1:07 und 'n bisschen - lief doch alles ganz prächtig. An den Getränkeständen ging es ohnehin etwas gemächlicher zur Sache, da mir dort wieder die unvermeidlichen pausierenden Läufer in großen Rotten im Weg standen und ein wenig plauschten. Nach Kilometer 10 wurde mir die Sache dann doch ein wenig zu heiß und ich fuhr mein Programm mal etwas mehr in den Sparmodus - 7er Schnitt muss auch reichen. Das führte dazu, dass ich mich beim HM-Ziel noch angenehm entspannt fühlte. OK, der Oberschenkel zickte ein wenig, aber das macht er ja immer, wenn's mal ein bisschen schneller oder länger wird - also alles im grünen Bereich. Nach dem Halbmarathonziel beschloss ich, mir die Kräfte nicht mehr einzuteilen, da ja die Hälfte hinter mir lag, keine größeren Verschleißerscheinungen zu bemerken waren und ich angesichts der Zwischenzeiten berechtigte Hoffnung auf eine Zeit unter 5 Stunden haben durfte. War wohl irgendwie doch zu früh gewesen, denn ab Kilometer 29 begann der Kampf und das Herbeisehnen jedes weiteren blauen Schildes.

Die Stimmung an der Strecke war heute nicht so ausgelassen wie in den letzten beiden Jahren. Ich denke mal, es lag daran, dass es doch recht bewölkt war und drohende Wolken als latente Gefahr lauerten. Allein der Titel "If I had a hammer...", der bei Kilometer 32 aus Riesenboxen an meine Ohren drang, ließ mich leicht schmunzeln - und die Tatsache, dass der Getränkestand bei Kilometer 31 keine Becher mehr hatte. Peinlich, peinlich für den größten Marathon Deutschlands...

Von Kilometer 32 bis 34 ging es über den Ku'damm und ich dachte daran, wie ich vor knapp 2 Monaten diese Strecke gemeinsam mit Eddi absolviert hatte. Ja, hier müssen wir ganz kurzfristig wieder zusammen hin und nein, diese Stadt ist ohne Eddi für mich nicht annähernd so schön wie bei unseren letzten gemeinsamen Besuchen...

Inzwischen signalisierte mir mein verhältnismäßig untrainierter Körper, dass es jetzt langsam genug sei. Ich quälte mich die schier endlose Steigung zwischen Kilometer 37 und 40 hinauf. In Reichweite sah ich einen weiteren Walker, der wohl weit vor mir gestartet war; meine Beine ließen mich jedoch wissen, dass ich bloß nicht drüber nachdenken soll. Also klemmte ich mich schön brav dahinter.

Ich erreichte das Ziel in 4:58:31 als 4. Walker. Ich packte meine Kamera aus und ließ noch ein paar Erinnerungsfotos schießen. Das große Glücksgefühl blieb jedoch aus. Im letzten Jahr konnte mich ein gutes Abschneiden bei einem Marathon alleine noch euphorisieren. Die letzten Wochen haben mir jedoch vor Augen geführt, was ich wirklich wichtig finde im Leben. Alleine einen Marathon zu absolvieren und mich mit dem anschließenden Betrachten der Urkunde zu bespaßen, gehört offenbar nicht mehr dazu.


Spaß gemacht hat in jedem Fall, dass ich herausgefunden habe, dass es um meine Kondition doch noch nicht so übel bestellt ist, wie ich vielleicht angenommen hatte. Ich werde dies zum Anlass nehmen, an Wochentagen wieder ein intensives Trainingsprogramm abzuspulen. Auch meine Waage wird's mir über kurz oder lang danken. Die Wochenenden gehören der Frau, die seit einigen Wochen mein Leben bereichert...

12 Kommentare:

EDDI hat gesagt…

supi supi,

wer braucht denn da noch training ;-)

Anonym hat gesagt…

Gratulation zum untrainierten Marahton.
Schade, dass wir uns nicht gesehen haben, aber wenn man bei den Schwiegereltern wohnt, gibt es auch andere Prioritäten (aber das willst du gerade wohl nicht wissen)

Jörg

Martin Schmitz hat gesagt…

moin Georg,
gut gemacht. Was muss man auch immer so hetzten. Und immer noch unter 5h ist doch ein gutes Ergebnis!

Freue mich schon auf ein entspanntes Walken im Schlaubetal.

Gruß von Martin an den Cyberlover

Georg hat gesagt…

Hallo Jörg,

klar will ich das wissen. Am letzten Wochenende hatte ich ausreichend Zeit, über Prioritäten nachzudenken - und das wird unter anderem dazu führen, dass ich am 20.10. nicht an einem Ende der Welt durchs Schlaubetal stapfen werde, während ich in Gedanken über 2000 Kilometer davon entfernt bin. Sorry, Martin.

Gruß
Georg

Anonym hat gesagt…

Tja - wenn plötzlich andere Dinge wichtiger sind...dann isses eben so! Ich kann es nachempfinden ;-)und freu mich für Dich!
Lieben Gruss
Andrea

Anonym hat gesagt…

verliebt sein toppt in der Priorität sowieso fast alles andere ;-)

eigentlich ein ziemlich anstrengender Zustand *puh* - noch dazu wenn meist auf Entfernung. Kenne ich übrigens, dauerte jahrelang und die Liebe (ein fast noch schönerer Zustand und nicht ganz soooo anstrengend ;-) hat's überstanden.

Viel Glück!

Kathrin hat gesagt…

Lieber Georg... nein, natürlich kann ich das nicht akzeptieren. Ganz und gar nicht. Aber ich find`s wunderschön und ich wünsch Dir viel Spaß da 2000 km südlich. Genieße es.

Achso: Glückwunsch zum Finish natürlich!

Anonym hat gesagt…

Hi Georg,

es ist so herrlich, über deine Verliebtheit zu lesen. Da treten all die Details über den gewalkten Berlin-Marathon und das Ergebnis weit in den Hintergrund.
Ich hoffe nur, dass ich euch beide im nächsten Jahr mal auf einer schönen langen Landschaftswanderung begleiten kann. Wie wär's mit Jena?

Ich wünsche euch noch viele schöne Stunden und Tage in Toulouse!

Grüße von Kurt

Anonym hat gesagt…

"Die letzten Wochen haben mir jedoch vor Augen geführt, was ich wirklich wichtig finde im Leben. Alleine einen Marathon zu absolvieren und mich mit dem anschließenden Betrachten der Urkunde zu bespaßen, gehört offenbar nicht mehr dazu."

Is' doch ganz mein reden. (aber einige Oberschlaumeier wollen/werden's nie kapieren.)
Hasse trotzdem gut gemacht Schorsch. *daumenhochhalt*
Gruß
THORSTEN

Anonym hat gesagt…

Hallo Georg,

Dritter Platz im Brummen ist auch nicht schlecht...
Die alten 68er kennen den wohl noch (war so ein Comic von Wächtersbach). 4ter Platz ist halt Sch... Aber super Leistung, sub 5!!
Bin etwas später rein. War mit 5:34:59 (auf die 59 bin ich stolz!)durchs Ziel. Habe damit auch die Blechmedaille (meiner Altersklasse) Dafür stehe ich inne Zeitung drin:http://www.morgenpost.de/misc/marathon/marathon.pdf Seite 63.

Blöd finde ich nur, dass die Powerwalker keine Splittingzeiten und auch keine Urkunde online einsehen können. Dabei haben wir das gleiche Startgeld bezahlt. Solle jezt nur noch einer mit der Argumentation "gesundheitssport kommen" *würrrrg
Liebe Grüße
Rennschnecke_Walking

Anonym hat gesagt…

Södele,

erst mal Glückwunsch zum Marathon und all den anderen schönen Sachen.

Hab nun endlich auch mal Zeit gefunden deinen Blog aufzurufen und hab in (JAWOHL) von vorne bis hinten oder besser von hinten nach vorne komplett durchgelesen - und bin jetzt sozusagen auf dem neuesten Stand ;)

Schöne Bilder dabei und auch wenn ich nicht jeden Eintrag kommentiere - werde ich sicher hin- und wieder vorbeischauen :)

Den 4daagse kannte ich noch nicht - klang sehr interessant.

Hase hat gesagt…

So, jetzt auch noch ich, besser spät als nie... herzlichen Glückwunsch zu diesem Superergebnis! Respekt.

Und was du da schreibst, beruhigt mich doch irgendwie:

"Die Stimmung an der Strecke war heute nicht so ausgelassen wie in den letzten beiden Jahren."

Charly und ich sind ja in Berlin zum ersten Mal mitgelaufen und waren so ein ganz kleines bisschen enttäuscht, weil wir uns irgendwie mehr erwartet hätten, stimmungsmäßig. Aber dann war 2007 wohl wirklich eine Ausnahme, das ist schön zu wissen.