Umgezogen, geduscht, gefuttert - dann wurde es auch schon Zeit für den Frühstückslauf ab Schloss Charlottenburg. Viele tausend Läufer und Walker waren trotz des bedeckten Himmels anwesend. Zur Auflockerung wurde laut Musik gespielt und die Läuferschar mit mannigfach verteilten kostenlosen Halstüchern bei Laune gehalten. Um 9:30 Uhr setzte sich der Pulk in Bewegung. Es ging in gemäßigtem Tempo quer durch Charlottenburg - Ziel war wie in den vergangenen Jahren das Olympiastadion. Dort konnten wir in aller Ruhe auf der Tartanbahn ein Ründchen drehen und Erinnerungsfotos schießen. Hiervon wurde reichlich Gebrauch gemacht. Über die Tribüne erreichten wir die Frühstücksstände, als es anfing, wie aus Eimern zu kübeln. Das hatte den Vorteil, dass mir beim Frühstück holen wenige im Weg standen, aber den gewaltigen Nachteil, dass ich binnen kürzester Zeit äußerst durchnässt war.
So zog es mich schon recht früh in Richtung Marathon-Messe zum Abholen der Startunterlagen. Ging so weit alles ganz reibungslos bis auf die Tatsache, dass das Finisher-Shirt nur noch in maximal M da war - na ja, ich wollte ja eh wieder regelmäßiger walken gehen...
Das Fori-Treffen am Abend war äußerst kurzweilig. Trotz Erwartungen, es könnte ähnlich wie in Kiel wieder ein Dinner for two werden, fanden sich doch mehr als 10 Foris ein. Als Überraschungsgäste aus dem Schlaubetal machten auch Kathrin und Bianca einen Abstecher nach Berlin - einfach klasse.
Ich verabschiedete mich von Angelika und legte los, als hätte ich meine letzten Wochen ausschließlich mit Training gefüllt. Ein diffuses Gefühl, dass sich dies noch ganz bitterlich rächen wird, war mein Begleiter. 5 Kilometer in gut 33 Minuten, 10 Kilometer in 1:07 und 'n bisschen - lief doch alles ganz prächtig. An den Getränkeständen ging es ohnehin etwas gemächlicher zur Sache, da mir dort wieder die unvermeidlichen pausierenden Läufer in großen Rotten im Weg standen und ein wenig plauschten. Nach Kilometer 10 wurde mir die Sache dann doch ein wenig zu heiß und ich fuhr mein Programm mal etwas mehr in den Sparmodus - 7er Schnitt muss auch reichen. Das führte dazu, dass ich mich beim HM-Ziel noch angenehm entspannt fühlte. OK, der Oberschenkel zickte ein wenig, aber das macht er ja immer, wenn's mal ein bisschen schneller oder länger wird - also alles im grünen Bereich. Nach dem Halbmarathonziel beschloss ich, mir die Kräfte nicht mehr einzuteilen, da ja die Hälfte hinter mir lag, keine größeren Verschleißerscheinungen zu bemerken waren und ich angesichts der Zwischenzeiten berechtigte Hoffnung auf eine Zeit unter 5 Stunden haben durfte. War wohl irgendwie doch zu früh gewesen, denn ab Kilometer 29 begann der Kampf und das Herbeisehnen jedes weiteren blauen Schildes.
Die Stimmung an der Strecke war heute nicht so ausgelassen wie in den letzten beiden Jahren. Ich denke mal, es lag daran, dass es doch recht bewölkt war und drohende Wolken als latente Gefahr lauerten. Allein der Titel "If I had a hammer...", der bei Kilometer 32 aus Riesenboxen an meine Ohren drang, ließ mich leicht schmunzeln - und die Tatsache, dass der Getränkestand bei Kilometer 31 keine Becher mehr hatte. Peinlich, peinlich für den größten Marathon Deutschlands...
Von Kilometer 32 bis 34 ging es über den Ku'damm und ich dachte daran, wie ich vor knapp 2 Monaten diese Strecke gemeinsam mit Eddi absolviert hatte. Ja, hier müssen wir ganz kurzfristig wieder zusammen hin und nein, diese Stadt ist ohne Eddi für mich nicht annähernd so schön wie bei unseren letzten gemeinsamen Besuchen...
Inzwischen signalisierte mir mein verhältnismäßig untrainierter Körper, dass es jetzt langsam genug sei. Ich quälte mich die schier endlose Steigung zwischen Kilometer 37 und 40 hinauf. In Reichweite sah ich einen weiteren Walker, der wohl weit vor mir gestartet war; meine Beine ließen mich jedoch wissen, dass ich bloß nicht drüber nachdenken soll. Also klemmte ich mich schön brav dahinter.
Ich erreichte das Ziel in 4:58:31 als 4. Walker. Ich packte meine Kamera aus und ließ noch ein paar Erinnerungsfotos schießen. Das große Glücksgefühl blieb jedoch aus. Im letzten Jahr konnte mich ein gutes Abschneiden bei einem Marathon alleine noch euphorisieren. Die letzten Wochen haben mir jedoch vor Augen geführt, was ich wirklich wichtig finde im Leben. Alleine einen Marathon zu absolvieren und mich mit dem anschließenden Betrachten der Urkunde zu bespaßen, gehört offenbar nicht mehr dazu.
Spaß gemacht hat in jedem Fall, dass ich herausgefunden habe, dass es um meine Kondition doch noch nicht so übel bestellt ist, wie ich vielleicht angenommen hatte. Ich werde dies zum Anlass nehmen, an Wochentagen wieder ein intensives Trainingsprogramm abzuspulen. Auch meine Waage wird's mir über kurz oder lang danken. Die Wochenenden gehören der Frau, die seit einigen Wochen mein Leben bereichert...